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GELDBLOG: SCHWEIZER GROSSBANKEN – WENN IM ERNSTFALL DIE STEUERZAHLER EINSPRINGEN
MÜSSEN


GELDBLOG: SCHWEIZER GROSSBANKEN – WENN IM ERNSTFALL DIE STEUERZAHLER EINSPRINGEN
MÜSSEN

GELDEXPERTE MARTIN SPIELER ERKLÄRT DIE «TOO BIG TOO FAIL»-REGELUNGEN UND SAGT,
WIE DER ZUSAMMENBRUCH EINER SYSTEMRELEVANTEN BANK VERMIEDEN WERDEN SOLL.

Martin Spieler
Publiziert: 16.03.2022, 06:00
8
8

Ihr Zusammenbruch hätte fatale Folgen: Raiffeisen gilt neben vier weiteren
Banken als systemrelevant.
Foto: Gaetan Bally (Keystone)

Stimmt es, dass die Raiffeisenbank «too big to fail» ist, das heisst, dass im
Notfall die Steuerzahler einspringen müssten? Wo ist das geregelt? Leserfrage
von E.R.

Die Raiffeisen-Gruppe ist – je nachdem welche Kennzahlen man verwendet – etwa
gleichauf mit der Zürcher Kantonalbank die drittgrösste Bank der Schweiz – nach
den beiden Grossbanken UBS und Credit Suisse Group. Anders als die beiden
Grossbanken ist Raiffeisen ausschliesslich auf das inländische Geschäft
fokussiert und an 823 Standorten präsent.

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Gerade erst hat sie für das letzte Jahr ein ausgezeichnetes Ergebnis und einen
Gewinn von 1,07 Milliarden Franken vorgelegt. Zur Gruppe gehören die 219
genossenschaftlich organisierten Raiffeisenbanken, wobei jede Raiffeisenbank
eine selbstständige Genossenschaft darstellt und von ihren jeweiligen
Genossenschaftsmitgliedern getragen wird. Die Risikosteuerung, Liquiditäts- und
Eigenmittelhaltung sowie die Refinanzierung werden allerdings von Raiffeisen
Schweiz gruppenweit wahrgenommen und unterstützt die Genossenschaften in den
Bereichen Tresorerie-, Handels- und Transaktionsfunktionen. Für die Kunden, die
Wert auf Sicherheit legen, ist es wichtig zu wissen, dass die Raiffeisen-Gruppe
eine solidarische Schicksals- und Risikogemeinschaft darstellt und damit
gegenseitig haften, was die Sicherheit für die Kunden erhöht. Sollte allerdings
die ganze Gruppe in Schieflage geraten, was ich allerdings nicht erwarte, würde
dies indes wenig nützen.

> Neben Raiffeisen stuft die Nationalbank auch die Credit Suisse, die UBS, die
> Zürcher Kantonalbank und die Postfinance als systemrelevante Banken ein.

Aufgrund ihrer Grösse zählt Raiffeisen tatsächlich, wie Sie es in Ihrer Frage
ansprechen, zu den Banken, die zu gross sind, als dass sie scheitern dürfen (too
big to fail), weil ansonsten auch viele andere grosse und kleine Firmen in
Bedrängnis kämen und der Wirtschafts- und Finanzplatz Schweiz Schaden nähme.
Bereits am 16. Juni 2014 hatte die Schweizerische Nationalbank Raiffeisen
Schweiz als systemrelevant eingestuft – also lange bevor die Missstände an der
obersten Führungsspitze von Raiffeisen bekannt wurden.

Neben Raiffeisen stuft die Nationalbank auch die Credit Suisse, die UBS, die
Zürcher Kantonalbank und die Postfinance als systemrelevante Banken ein. Das
sind denn auch die grössten Institute in der Schweiz. Würde eines dieser
Institute zusammenbrechen, hätte dies für unser Land fatale Folgen. Es bliebe
wohl tatsächlich nichts anders übrig, als dass der Staat und somit wir als
Steuerzahler einspringen und ein in Schieflage geratenes Institut wie damals in
der Finanzkrise die UBS stützen müssten.



Damit dies allerdings möglichst nicht mehr notwendig wird, haben die Politik und
die Finanzaufsicht vorgesorgt und verlangen von den Banken deutlich mehr
Eigenkapital und präventive Massnahmen für den Krisenfall. Laut der
Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht Finma beurteilt sich die Systemrelevanz
einer Bank nach deren Grösse, deren Vernetzung mit dem Finanzsystem und der
Volkswirtschaft sowie nach der kurzfristigen Substituierbarkeit der von der Bank
erbrachten Dienstleistungen. «Zu den systemrelevanten Funktionen dieser Banken
zählen insbesondere das inländische Einlagen- und Kreditgeschäft sowie der
Zahlungsverkehr.»

> Ziel dieser Massnahmen ist es, die negativen Konsequenzen auf die
> Finanzstabilität oder einen staatlichen Rettungszwang zulasten der
> Steuerzahler zu vermeiden.

Als systemrelevante Institute müssen die fünf Institute über erhöhte Kapital-
und Liquiditätspuffer sowie über eine Stabilisierungs- und Notfallplanung
verfügen. Darüber hinaus hat die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma für
die systemrelevanten Banken eine Abwicklungsplanung erstellt, welche es diesen
erlauben soll, sich im Krisenfall zu stabilisieren. Würde dies nicht gelingen,
würde die Finanzmarktaufsicht eine Sanierung durchführen oder einen geordneten
Marktaustritt im Rahmen einer Liquidation sicherstellen. Ziel dieser Massnahmen
ist es, die negativen Konsequenzen auf die Finanzstabilität oder einen
faktischen staatlichen Rettungszwang zulasten der Steuerzahler zu vermeiden.

Ob dieses Ziel im Krisenfall dann wirklich erreicht würde, bin ich mir nicht
ganz sicher. Aus meiner Sicht kann wohl dennoch nicht ganz ausgeschlossen
werden, dass bei einem Zusammenbruch einer Grossbank schlussendlich nicht doch
wieder der Staat zur Hilfe eilen würde. Immerhin darf man aber feststellen, dass
insbesondere die grossen Institute nach den Erfahrungen aus der Finanzkrise
unter strengerer Aufsicht der Behörden sind und wesentlich höhere
Eigenmittelvorschriften und Präventionsmassnahmen für den Krisenfall erfüllen
müssen, was den Finanzplatz als Ganzes zweifellos sicherer macht. 

MARTIN SPIELER

Infos einblenden

Martin Spieler ist unabhängiger Wirtschafts- und Finanzexperte. Er war
Chefredaktor der «SonntagsZeitung», der «Handelszeitung» und der
TV-Börsensendungen «Money» und «Money Talk». Auf TeleZüri, Tele M1 und Tele 1
moderiert er jede Woche TV-Geldsendungen, zudem ist er täglich auf verschiedenen
Radiostationen zu hören. Im Geldblog beantwortet Martin Spieler täglich von
Montag bis Samstag eine Leserfrage rund ums Geld. Haben Sie eine Frage?
Schreiben Sie uns an geldberater@sonntagszeitung.ch.

Publiziert: 16.03.2022, 06:00

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