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 JUSTIZGESETZ: ISRAELS TECH-ELITE BEREITET FLUCHT INS AUSLAND VOR


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START-UPS IN ISRAEL TECH-ELITE BEREITET FLUCHT INS AUSLAND VOR

Israel zählt weltweit zu den führenden Standorten für Tech-Unternehmen. Das
jedoch könnte sich durch die Justizreform der Regierung in dramatischem Tempo
ändern.

Pierre Heumann
27.07.2023 - 04:10 Uhr Kommentieren
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Demonstrierende Start-up-Unternehmer

„Save Our Startup Nation“ steht auf den Bannern einer Demonstrantin, die in Tel
Aviv gegen die Regierungspolitik auf die Straße geht.



(Foto: Bloomberg)


Tel Aviv In Israel bahnt sich nach einer Studie der Exodus von jungen
Tech-Firmen an. Bereits 68 Prozent der befragten Start-ups haben Schritte
unternommen, um das Land gegebenenfalls verlassen zu können.

Die Regierung hatte am Montag ein Kernelement ihrer umstrittenen Justizreform
verabschiedet – nun bangt die Tech-Szene um die Demokratie und die Stabilität im
Land.

Die Mehrzahl der Tech-Unternehmen stellt rechtliche und finanzielle Erwägungen
an, um sich von ihrem jetzigen Standort zu lösen. Sie ziehen Bargeldreserven ab,
prüfen eine Verlegung ihres Hauptsitzes ins Ausland oder bereiten sich auf
Personalabbau vor. Israel zählt bisher zu den weltweit innovativsten Standorten
für Tech-Unternehmen.

Die Zahlen, die in diesem Monat von der Nichtregierungsorganisation „Start-up
Nation Central“ in einer Umfrage bei mehreren Hundert Jungfirmen erhoben wurden,
sind nach Ansicht von Experten ein Alarmsignal. In der ersten Hälfte des Jahres
2023 waren die Finanzierungen von Start-ups bereits um fast 70 Prozent
eingebrochen, während sich viele neue Unternehmen im Ausland registrieren
ließen.




THEMEN DES ARTIKELS

--------------------------------------------------------------------------------

USA

Start-ups

Israel

Wirtschaftspolitik

Dax aktuell: Dax bleibt in der Nähe seines Rekordhochs – Warum die Rally
weiteres Potenzial hat
Justizreform: „Thora vor Technologie“: Die israelische Tech-Branche fürchtet
ihren Untergang
Basel-Reform : Fed schlägt Reformen für US-Banken vor – Institute stellen sich
auf höheren Kapitalbedarf ein



Seit Anfang der Woche hat sich der Handlungsdruck der Start-ups noch einmal
erhöht. Das vom Parlament jetzt verabschiedete Gesetz schränkt die
Handlungsmöglichkeiten des Obersten Gerichtshofs massiv ein. Es ist Teil eines
größeren Pakets der Regierung, das von Kritikern als Gefahr für Israels
Demokratie eingestuft wird.

Der Exodus der Start-ups sei ein Rückfall in die frühen 2000er-Jahre, sagt Eynat
Guez, Mitbegründerin des Fintech-Unternehmens Papaya Global. Damals mussten
israelische Tech-Gründer in die USA umziehen und dort Unternehmen gründen, um
Gelder zu beschaffen. Lediglich die Forschungsabteilungen verblieben im
Mutterland.

>> Lesen Sie dazu auch: Netanjahu in der Falle der Radikalen

Dieses Szenario könne sich jetzt wiederholen, da Spitzenkräfte wegen der
unsicheren Bedingungen das Weite suchten: „Tech-Ingenieure wandern ab“, sagt
Guez. Einige gingen ins nahe Griechenland und Zypern, um vielleicht später
zurückzukehren. „Andere aber zieht es dauerhaft nach Europa, ins Vereinigte
Königreich oder in die USA.“ Bereits im Januar hatte das Unternehmen Papaya
Global angekündigt, wegen der geplanten Justizreform in Israel seine
Investitionen aus dem Land abziehen zu wollen.



Die Studie von Start-up Nation Central bestätigt, dass Papaya Global kein
Einzelfall ist. Acht Prozent der Unternehmen geben an, dass sie bereits mit der
Verlegung ihres Hauptsitzes begonnen haben, und 29 Prozent bekunden die Absicht,
dies in naher Zukunft zu tun.

20 Prozent der Investoren konstatieren, dass die Unternehmen in ihren Portfolios
mit der Verlagerung ihres Hauptsitzes begonnen haben, und 69 Prozent der Anleger
wissen, dass die Unternehmen eine solche Verlagerung durchziehen wollen.




„Die sogenannten Reformen der Regierung haben bereits jetzt verheerende
Auswirkungen auf die israelische Start-up-Industrie“, klagt Roy Carty vom
Fintech-Start-up Liquidity Group. Die meisten Neugründungen würden als
amerikanische Unternehmen registriert, zusammen mit den Patenten.

Er befürchtet einen regelrechten Braindrain: „Immer mehr einheimische Talente
wollen kurz-, mittel- oder langfristig wegziehen.“ Viele im Tech-Sektor könnten
sich nicht vorstellen, die nächste Generation der Unternehmen unter einem
autoritären Regime zu gründen. Auch die Aussichten auf eine von
fundamentalistischen religiösen Vorstellungen geprägte Wirtschaftspolitik
schrecke die Szene enorm ab.



Falls die Krise über eine längere Zeit anhalte, werde es Jahre dauern, bis der
Schaden wieder beseitigt sei, sagt Gigi Levy-Weiss vom Start-up NFX, das jungen
Unternehmen Wagniskapital zur Verfügung stellt.

Vor „negativen Folgen für Israels Wirtschaft und Sicherheitslage“ warnen auch
internationale Ratingagenturen. Moody's spricht von einem „erheblichen Risiko“
erhöhter politischer und sozialer Spannungen in Israel, nachdem das erste Gesetz
der umstrittenen Justizreform verabschiedet worden ist.


Elektroflugzeug

Israels Start-up-Szene gilt als hochinnovativ. Das Unternehmen „Air check“ etwa
erregt weltweit Aufsehen mit dem Flugzeug „Air One“.



(Foto: Reuters)

Die Agentur hält den Ausblick für Israels Kreditwürdigkeit vorerst aber bei
„stabil“, nachdem sie ihn im April von „positiv“ auf „stabil“ gesenkt hatte.
Begründet wurde dies damals mit der „Verschlechterung der israelischen
Regierungsführung“ und den Unruhen im Zusammenhang mit dem Versuch der
Regierung, das Justizwesen grundlegend zu reformieren.

Die israelischen Aktien setzen seit der Verabschiedung des Gesetzes ihre
Talfahrt fort. Zugleich gab die israelische Währung kräftig nach, da die Märkte
befürchten, dass die internationalen Ratingagenturen den Ausblick für die
Kreditwürdigkeit des Landes über kurz oder lang herabstufen könnten.



Weil bereits Petitionen für die Wiedereinführung der sogenannten
Angemessenheitsklausel beim Obersten Gerichtshof eingereicht wurden, habe sich
das Risiko einer Verfassungskrise zwischen der Exekutive und der Judikative
erhöht. Mit der am Montag von der Knesset beschlossenen Abschaffung der
Angemessenheitsklausel wird dem Obersten Gerichtshof die Kompetenz genommen,
Entscheidungen der Regierung oder einzelner Minister als „unangemessen“
zurückzuweisen. Die Abschaffung dieser Klausel könne der Korruption und der
willkürlichen Besetzung wichtiger Posten Vorschub leisten, befürchten Gegner der
Reform.

In der Start-up-Szene gibt es jedoch auch Stimmen, die die Befürchtungen für
übertrieben halten. Ein Wagniskapitalinvestor, der anonym bleiben möchte, setzt
zum Beispiel darauf, dass die angepeilten Reformen nur vorübergehend in Kraft
bleiben. Bei den nächsten Wahlen in dreieinhalb Jahren, so seine Prognose, werde
sich wahrscheinlich wieder eine liberale Mehrheit ergeben.


Bioreaktor zur Herstellung von Fleisch

Ernährung der Zukunft? Wissenschaftler des israelischen Start-ups „Aleph Farms
Ltd.“ züchten Fleisch.



(Foto: Bloomberg)

Zwar geht auch er davon aus, dass israelische Unternehmer in die USA abwandern,
hält dies aber eher für eine gute Nachricht. Die mangelnde Bereitschaft von
Gründern, in die USA umzuziehen, habe das Wachstum von Jungfirmen in den
vergangenen Jahren oft gebremst, argumentiert der Investor und ergänzt: „Das
Zentrum der Forschung und Entwicklung wird weiterhin in Israel bleiben.“

Laut Kfir Ben-Shooshan, Mitbegründer des E-Scooter-Herstellers Inokim, habe
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in seiner Zeit als Finanzminister und
später als Premier „seine Meisterschaft im Umgang mit der Wirtschaft unter
Beweis gestellt“. Ben-Shooshan ist deshalb zuversichtlich, dass
Netanjahus Regierung „alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die
Technologiebranche zu unterstützen“. Er werde ein Umfeld schaffen, das
Unternehmen zum Verbleib in Israel ermutigt.



Andere halten diese Einschätzung für zu optimistisch. Der Gründer einer
Gaming-Firma, der nicht namentlich genannt werden will, weist auf Netanjahus
schwache Position in der aktuellen Koalition hin. Er sei von radikalen Kräften
abhängig und werde eine liberale Politik kaum durchsetzen können.

Mehr: Gegner der sogenannten Justizreform geben nicht auf.

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vor"

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