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   Nr. 2/2022
7. Juli 2022    

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Willkommen zur Ausgabe Nr. 2 / 2022 der EBR-News  

Inhalt

  1. Revision der EBR-Richtlinie: erster Entwurf
  2. Dublin erhält Abmahnung aus Brüssel
  3. Entwicklungen auf europäischer Ebene
  4. Berichte aus einzelnen Ländern
  5. Gründung von Europäischen Betriebsräten
  6. SE-Betriebsräte und Mitbestimmung im Aufsichtsrat
  7. Brisante Rechtsfragen zur Mitbestimmung in der SE
  8. Europaweite Betriebsvereinbarungen
  9. Der Blick über Europa hinaus
10. Interessante Webseiten
11. Neue Publikationen
12. Die EWC Academy: Beispiele aus unserer Arbeit
13. Aktuelle Seminartermine
14. Impressum

 


  1. REVISION DER EBR-RICHTLINIE: ERSTER ENTWURF

Rechtliche Stellung Europäischer Betriebsräte soll erheblich gestärkt werden



Am 12. Mai 2022 veröffentlichte der deutsche Europa-Abgeordnete Dennis Radtke
den ersten Entwurf seines Berichts über die Revision der EBR-Richtlinie. Der
Christdemokrat aus Bochum und frühere Gewerkschaftssekretär der IG BCE war
fraktionsübergreifend hierfür als Berichterstatter nominiert worden. Der Bericht
baut auf einer Entschließung vom Dezember 2021 unter dem Titel "Demokratie am
Arbeitsplatz" auf. Darin forderte das Europäische Parlament nicht nur die
Revision der EBR-Richtlinie, sondern auch eine Rahmenrichtlinie über die
Unterrichtung, Anhörung und Beteiligung der Arbeitnehmer und eine Stärkung der
Mitbestimmung in den Aufsichtsräten (siehe Bericht in den EBR-News 4/2021).

 

Der Bericht greift eine Reihe von Fragen auf, die bereits im Mai 2018 in einer
Studie der Europäischen Kommission benannt wurden (siehe Bericht in den EBR-News
2/2018). Auch zentrale Forderungen des Europäischen Gewerkschaftsbundes, die
dieser im März 2017 vorgelegt hatte, sind berücksichtigt (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2017). Radtke schlägt folgende Änderungen an der Richtlinie vor:

 * Der Erwägungsgrund 16 soll als neuer Artikel 7a Teil des Richtlinientextes
   werden. Damit würde die länderübergreifende Zuständigkeit des EBR auch für
   solche Fälle gelten, in denen lediglich ein einziges Land betroffen ist, die
   Maßnahme aber eine große Bedeutung für die Belegschaft in ganz Europa hat.
 * Die Anhörung muss immer vor der endgültigen Entscheidung der zentralen
   Leitung erfolgen und ist zwingend zu berücksichtigen.
 * Die Zeit zur Aushandlung einer EBR-Vereinbarung wird von drei Jahren auf ein
   Jahr reduziert.
 * Die Vertraulichkeitspflicht orientiert sich künftig an der EU-Richtlinie zu
   Geschäftsgeheimnissen. Somit unterliegen Informationen z. B. über
   Personalabbau nicht mehr der Geheimhaltung (siehe Bericht in den EBR-News
   4/2020).
 * Unternehmen sollen Dokumente gegenüber dem EBR nur noch als vertraulich
   einstufen, wenn dies durch juristisch genau definierte Regeln des jeweiligen
   Landes autorisiert ist.
 * Bei Meinungsverschiedenheiten über die Zuständigkeit des EBR muss die
   zentrale Leitung genau darlegen, warum eine Unterrichtung und Anhörung nicht
   notwendig ist.
 * Alle EU-Länder müssen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren schaffen, damit der
   EBR rechtzeitig und effektiv seine Rechte durchsetzen kann. Dazu gehört auch
   ein Unterlassungsanspruch.
 * Gerichtsgebühren, Rechtsanwaltshonorare und Reisekosten mindestens eines
   EBR-Vertreters zur Teilnahme an einer Gerichtsverhandlung sind von der
   zentralen Leitung zu tragen.
 * Als Geldstrafe sind bis zu zehn Mio. € oder 2% des weltweiten Jahresumsatzes
   vorgesehen, bei vorsätzlichen Verstößen das Doppelte. Dies orientiert sich
   sehr stark an der EU-Datenschutz-Grundverordnung (siehe Bericht in den
   EBR-News 4/2020).
 * Freiwillige EBR-Vereinbarungen behalten nur noch Bestandsschutz, wenn sie den
   Standard der EBR-Richtlinie vollständig erfüllen.
 * Plenarsitzungen des EBR sollen zweimal jährlich stattfinden.

Der Berichtsentwurf im Wortlaut
Bewertung durch die österreichische Gewerkschaft GPA
 



Veranstaltungshinweis

 

Die Inhalte des Gesetzentwurfs werden in den beiden EBR-Seminaren im Herbst 2022
im Detail besprochen.

 

Die Programme der EBR-Seminare


  2. DUBLIN ERHÄLT ABMAHNUNG AUS BRÜSSEL

Die konservativ-grüne Regierung steht jetzt unter besonderer Beobachtung



Am 19. Mai 2022 begann ein offizielles Vertragsverletzungsverfahren gegen die
Republik Irland. Die Europäische Kommission forderte die Regierung auf,
innerhalb von zwei Monaten eine Stellungnahme abzugeben, da die Richtlinie zum
Europäischen Betriebsrat offenbar nicht EU-konform ins nationale Recht umgesetzt
wurde. Sollte sich diese Vermutung bestätigen, muss das irische EBR-Gesetz
(TICEA) umgehend nachgebessert werden. Andernfalls kann die Europäische
Kommission den Europäischen Gerichtshof anrufen, damit er Sanktionen gegen
Irland verhängt. Es ist das erste Verfahren dieser Art zur EBR-Richtlinie, das
jemals gegen ein Land eingeleitet wurde.

 

Das Vertragsverletzungsverfahren geht auf eine Beschwerde der irischen
Gewerkschaft SIPTU gegen den Baustoffhersteller Kingspan zurück, der sich seit
Jahren weigert, Schritte zur Bildung eines EBR einzuleiten. Das Unternehmen ist
in den letzten Jahren durch Akquisitionen gewachsen, z. B. durch Übernahme von
sieben Fabriken der ThyssenKrupp Construction Group. Nachdem eine Beschwerde bei
der irischen Regierung keinen Erfolg brachte, wandte sich SIPTU an die
Europäische Kommission und kritisierte den unzureichenden Rechtsweg und die
geringen Strafen, die einem Unternehmen bei Gesetzesverstößen drohen (siehe
Bericht in den EBR-News 1/2021).

 

Die Brisanz des Verfahrens hängt auch mit dem Brexit zusammen, der britische und
US-Unternehmen massenhaft veranlasste, ihren EBR aus dem Vereinigten Königreich
nach Irland zu verlagern. Dadurch ist das Land von Platz 13 auf den dritten
Platz der EU aufgerückt, nach Deutschland und Frankreich. Die Frage nach
angemessenen Sanktionen, die ebenfalls Gegenstand des Verfahrens ist, wurde noch
nie juristisch beantwortet und ist eine "Büchse der Pandora" für das gesamte
Rechtsgebiet von EBR und SE (siehe Bericht in den EBR-News 4/2021).

 

Pressemitteilung der Gewerkschaft SIPTU

Pressemitteilung der Europäischen Kommission (siehe unter Punkt 10)

Der Ablauf eines Vertragsverletzungsverfahrens

Das irische EBR-Gesetz im Wortlaut

 



Veranstaltungshinweis

 

Die Rechtslage für Europäische Betriebsräte nach irischem Recht wird auf unserer
Fachtagung vom 19. bis 21. Oktober 2022 in Dublin dargestellt.

 

Das Programm der Fachtagung

 



Parlament diskutiert die EBR-Rechtslage


 

Am 22. Juni 2022 war ein historischer Tag für das EBR-Gesetz in Irland. Im
Parlament (Foto) diskutierte der Gemeinsame Ausschuss für Unternehmen, Handel
und Beschäftigung das Thema ("Dialog zu der Frage der Europäischen Betriebsräte
und der damit verbundenen irischen Gesetzgebung") und die erste Instanz im
Arbeitsrecht, die Workplace Relations Commission (WRC), führte zum ersten Mal in
der Geschichte eine Anhörung zu einer Klage durch, die von einem Europäischen
Betriebsrat eingereicht wurde.

 

Zur der Anhörung im Ausschuss waren Vertreter von Arbeitgebern und
Gewerkschaften eingeladen, die übereinstimmend von einem unzureichenden
Rechtsweg berichteten und eine niederschwellige Lösung zur Beilegung von
Konflikten forderten. Das Verfahren vor der WRC wurde auf den 22. September 2022
vertagt. Zunächst muss geklärt werden, ob die WRC überhaupt für solche
EBR-Klagen zuständig ist. Sollte sie nicht zuständig sein, würde die Klage
sofort an den Arbeitsgerichtshof gehen, vergleichbar dem Bundesarbeitsgericht in
Deutschland. Kläger ist der EBR des US-Telekommunikationskonzerns Verizon, der
auf Basis der subsidiären Bestimmungen arbeitet und von der EWC Academy beraten
wird (siehe Bericht in den EBR-News 2/2021).

 

Video der Ausschusssitzung im Parlament

Diskussion im Senat (Oberhaus) am 29. Juni 2022 (siehe Seite 666)


  3. ENTWICKLUNGEN AUF EUROPÄISCHER EBENE

Lohntransparenzrichtlinie nimmt weitere Hürde



Am 5. April 2022 stimmte das Europäische Parlament mit 403 gegen 166 Stimmen bei
58 Enthaltungen für den Beginn von Verhandlungen mit den Regierungen der
EU-Länder über einen Richtlinienvorschlag für mehr Lohntransparenz, den die
Europäische Kommission im März 2021 vorgelegt hatte (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2021). Künftig sollen Unternehmen ab 50 Beschäftigten
Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern beseitigen und vollständig
transparent sein. Die Europäische Kommission wollte eine Schwelle bei 250
Beschäftigten.

 

Die Unternehmen sollen Informationen offenlegen, die es den Beschäftigten
ermöglichen, Gehälter zu vergleichen und ein mögliches geschlechtsspezifisches
Lohngefälle aufzudecken. Die Instrumente zur Bewertung und zum Vergleich des
Gehaltsniveaus sollten auf geschlechtsneutralen Kriterien beruhen. Wenn die
Lohn- und Gehaltsberichte ein Lohngefälle von mindestens 2,5% zeigen (im
Gegensatz zu den von der Kommission vorgeschlagenen 5%), müssen Arbeitgeber
gemeinsam mit dem Betriebsrat eine Lohn- und Gehaltsbewertung durchführen und
einen Aktionsplan für die Gleichstellung entwickeln. Die Abgeordneten schlagen
vor, Geheimhaltungsklauseln zu verbieten, die es Arbeitnehmern verbieten würden,
Informationen über ihren Lohn offenzulegen oder Informationen über die
Entlohnung anderer zu verlangen. Außerdem soll die Beweislast umgekehrt werden:
der Arbeitgeber soll beweisen müssen, dass keine Diskriminierung stattgefunden
hat.

 

Pressemitteilung des Europäischen Parlaments

 



Einigung auf Mindestlohnrichtlinie



Am 7. Juni 2022 einigten sich Vertreter von Parlament, Kommission und
Mitgliedstaaten nach einer nächtlichen Sitzung in Straßburg auf die Inhalte
einer Richtlinie über angemessene Mindestlöhne in der EU. Bereits im Januar 2020
hatten die vorbereitenden Konsultationen begonnen (siehe Bericht in den EBR-News
3/2020). Nicolas Schmit (Foto), Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte,
hatte dann im Oktober 2020 eine Richtlinie vorgelegt, die nach Änderungen am 16.
Juni 2022 im Europäischen Rat angenommen wurde. Das Europäische Parlament wird
im Juli 2022 über die Vereinbarung abstimmen, im September 2022 ist die
Unterzeichnung geplant. Danach haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, die
Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.
 

Mindestlöhne sollen 60% des Medianlohns oder 50% des Durchschnittslohns eines
Landes betragen und alle zwei Jahre aktualisiert werden, entweder vom
Gesetzgeber oder von den Tarifparteien des jeweiligen Landes. Die Richtlinie
schreibt jedoch nicht nur Mindestlöhne vor, sondern will generell auch
Tarifverhandlungen stärken. Alle Mitgliedstaaten, in denen weniger als 80% der
Arbeitsbevölkerung von Tarifverträgen erfasst ist, müssen nationale Aktionspläne
aufstellen, um die Tarifbindung zu erhöhen (siehe Bericht in den EBR-News
4/2021). Während die Gewerkschaften der meisten EU-Länder dies schon seit langer
Zeit fordern, gibt es in den skandinavischen Ländern Vorbehalte. Der schwedische
Gewerkschaftsbund LO zahlte aus Protest gegen die Mindestlohnrichtlinie keine
Beiträge mehr an den Europäischen Gewerkschaftsbund (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2022). Doch inzwischen gab der Vorstand von LO bekannt, die Blockade
zu beenden und die Beiträge nachzuzahlen.

 

Bericht über die Einigung von Straßburg

Mitteilung des Europäischen Rates mit zahlreichen Links

 



Vereinbarung zur Telearbeit in der Vorbereitung



Am 28. Juni 2022 unterzeichneten die europäischen Sozialpartner (drei
Arbeitgeberverbände und der Europäische Gewerkschaftsbund) eine historische
Absichtserklärung: sie wollen eine rechtlich bindende EU-Vereinbarung über
"Telearbeit und Recht auf Nichterreichbarkeit" aushandeln. Die
Unterzeichnung erfolgte im Rahmen der Vorstellung des Arbeitsprogramms 2022-2024
in Anwesenheit der Europäischen Kommission. Solche Abkommen aus dem Europäischen
Sozialdialog können wie eine EU-Richtlinie in Kraft gesetzt werden, wenn beide
Sozialpartner dies beantragen. Es handelt sich um ein alternatives
Gesetzgebungsverfahren. Die geplante EU-Vereinbarung baut auf dem Rahmenabkommen
zur Digitalisierung auf, das die Sozialpartner im Juni 2020 geschlossen hatten
(siehe Bericht in den EBR-News 3/2020).

 

Pressemitteilung über das Arbeitsprogramm


  4. BERICHTE AUS EINZELNEN LÄNDERN

Historischer Streik in Finnland verhindert Tarifflucht



Am 23. April 2022 gingen 3.000 finnische Beschäftigte von UPM, dem größten
Papierkonzern Europas, erstmals wieder arbeiten - nach 112 Tagen Streik. Seit
dem 1. Januar 2022 hatten sie alle Produktionsstätten von UPM in Finnland zum
Stillstand gebracht, was 200 Mio. € Schaden verursachte. Das Unternehmen konnte
Lieferverpflichtungen nicht einhalten, es drohte eine europaweite
Papierknappheit. Der Verband der europäischen Druckindustrie drängte UPM daher,
den Streik zu beenden. Am 25. März 2022 schrieben internationale
Gewerkschaftsverbände einen offenen Brief an die zwanzig größten Aktionäre und
warnten vor einem Investitionsrisiko. Aus Solidarität mit den Streikenden
weigerten sich auch die Mitglieder des EBR, mit der zentralen Leitung
zusammenzuarbeiten.

 

Im Oktober 2020 hatte der Arbeitgeberverband der finnischen Holz- und
Papierindustrie erklärt, keine neuen Flächentarifverträge mehr abzuschließen.
Alle bestehenden Verträge sollten zum Jahresbeginn 2022 durch Haustarifverträge
ersetzt werden. Während andere Papierkonzerne dies taten, weigerte sich die
Konzernleitung von UPM (siehe Bericht in den EBR-News 2/2021). Der Konflikt
wurde gelöst, indem beide Parteien den Vorschlag des nationalen Schlichters
akzeptierten. Er sieht fünf separate Tarifverträge vor, einen für jede Sparte
des Unternehmens, mit einer Laufzeit von vier Jahren und einer Neuverhandlung
der Entgelte nach zwei Jahren nach branchenüblichen Bedingungen. UPM ist damit
gescheitert, die Arbeitszeit ohne Lohnerhöhung anzuheben oder ganz aus der
Tarifbindung zu flüchten. Allerdings wurden 500 Angestellte zu leitenden
Angestellten umgruppiert, weshalb sie von künftigen Tarifverträgen nicht mehr
profitieren. Sie behalten nur den Bestandsschutz des alten Tarifvertrages.

 

Der Brief an die Aktionäre im Wortlaut

Bericht über das Schlichtungsergebnis

 

Auch in der Technologiebranche mit Unternehmen wie Nokia, Fujitsu oder Microsoft
sollte die Ära der Flächentarifverträge beendet werden. Der Arbeitgeberverband
hatte dies im März 2021 angekündigt. In letzter Sekunde kam am 13. Januar 2022
trotzdem ein Tarifabschluss zustande, weil am Tag darauf ein mehrtägiger Streik
angekündigt war.

 

Bericht über den neuen Tarifvertrag

 



Spanische Branchengewerkschaften ersetzen fehlende Betriebsräte



Am 28. März 2022 entschied der Oberste Gerichtshof in Madrid über die Frage, wer
in einem Betrieb einen Gleichstellungsplan aushandeln darf, wenn es dort weder
Betriebsrat noch Gewerkschaftssektion gibt. Die Vereinigung der spanischen
Arbeitgeberverbände CEOE hatte die Regierung verklagt, um Teile einer Verordnung
für ungültig zu erklären. Seit März 2019 sind Betriebe ab 50 Beschäftigten
verpflichtet, einen Plan zur Gleichstellung von Frauen und Männern und zur
Vermeidung sexueller Belästigung am Arbeitsplatz zu erstellen. Die Verhandlung
führt der Betriebsrat oder - falls vorhanden - der Gesamtbetriebsrat.

 

Wer soll nun Verhandlungspartner des Arbeitgebers sein, wenn es weder einen
Betriebsrat noch eine Gewerkschaft im Betrieb gibt? Die Arbeitgeberverbände
wollten einen Ad-hoc-Ausschuss im Betrieb wählen lassen, während die Regierung
das Verhandlungsmandat an die repräsentativen (also die in der jeweiligen
Branche tariffähigen) Gewerkschaften übertrug. Die Tariffähigkeit der
Gewerkschaften ergibt sich nicht aus den Mitgliederzahlen, sondern je nach
Branche und Region aus den Wahlergebnissen der Betriebsratswahlen, die in
Spanien daher als "Gewerkschaftswahlen" bezeichnet werden.

 

Der Oberste Gerichtshof bekräftigte den Standpunkt der Regierung, weil ein
Ad-hoc-Ausschuss keine Tarifpartei ersetzen könne. Formal wurde über
Gleichstellungspläne entschieden, die Grundsatzfrage reicht aber weit darüber
hinaus. Gleichstellungspläne sind rechtlich gesehen Haustarifverträge. Eine
Betriebsvereinbarung im deutschen Sinne gibt es in Spanien nicht, weil es keine
Mitbestimmung gibt. Nach diesem Urteil können jetzt Gewerkschaften einen für
alle Arbeitnehmer gültigen Haustarifvertrag aushandeln, ohne ein einziges
Mitglied im Betrieb zu haben. Die Arbeitgeberverbände argumentierten auch mit
Datenschutz, denn Personaldaten zur Aushandlung von Gleichstellungsplänen
sollten nicht an externe Gewerkschaften weitergegeben werden.

 

Das Urteil im Wortlaut

Die Verordnung im Wortlaut

Pressemitteilung der Gewerkschaft CC.OO.

Pressemitteilung der Gewerkschaft UGT

Das spanische System der betrieblichen Interessenvertretung

 



Flächentarifvertrag für Banken in Rumänien erneuert



Am 8. April 2022 wurde in Bukarest ein neuer Rahmentarifvertrag und eine
Vereinbarung zur Telearbeit für den rumänischen Finanz- und Bankensektor
unterzeichnet. Sie gelten für etwa die Hälfte der 50.000 Beschäftigten der
Branche, und zwar für fünf Großbanken in ausländischem Besitz: Banca Comercială
Română, Raiffeisen Bank (beide Österreich), BRD – Groupe Société Générale, ING
und UniCredit. Banken in rumänischem Besitz wie die Banca Transilvania gehören
nicht dazu. Es handelt sich um den einzigen Branchentarifvertrag der rumänischen
Privatwirtschaft. Als er 2018 geschlossen wurde, galt dies als Meilenstein in
einem Land, in dem die Tarifbindung seit 2010 von 98% auf 15% zurückging (siehe
Bericht in den EBR-News 3/2019).

 

Der Mindestlohn für Angestellte der Finanzbranche wurde von 2.500 Lei (505 €)
auf 3.300 Lei (667 €) angehoben. Für jeweils fünf Jahre Betriebszugehörigkeit
gibt es automatische Entgeltsteigerungen, die ebenfalls angehoben werden.
Unverändert bleibt der Urlaubsanspruch von 21 Tagen plus drei freie Tage bei
familiären Ereignissen. Die Vereinbarung zur Telearbeit beinhaltet eine
Erstattung der Geräte- und Nebenkosten, begrenzt die Überwachung und gewährt das
Recht auf Nichterreichbarkeit.

 

Bericht über die neuen Tarifverträge

Aktueller Gewerkschaftsmonitor Rumänien


  5. GRÜNDUNG VON EUROPÄISCHEN BETRIEBSRÄTEN

Österreichisches Maschinenbauunternehmen gründet EBR in Rekordzeit



Nach nur drei Verhandlungstagen wurde am 5. Mai 2022 eine EBR-Vereinbarung für
Palfinger geschlossen. Der Antrag zur Gründung eines Europäischen Betriebsrates
war schon im Januar 2020 gestellt worden, aber aufgrund der Corona-Pandemie
fanden keine Sitzungen statt. Das Besondere Verhandlungsgremium tagte nur ein
einziges Mal am Konzernsitz in Bergheim (bei Salzburg). Das Beispiel zeigt, dass
eine dreijährige Verhandlungsdauer, wie sie die EU-Richtlinie vorsieht, in der
Praxis nicht erforderlich ist.

 

Der Kranhersteller hat weltweit 12.000 Beschäftigte und ist mehrheitlich im
Familienbesitz. Dem EBR gehören 23 Delegierte aus 17 Ländern an, darunter vier
aus Österreich und jeweils zwei aus Bulgarien, Deutschland und Slowenien. Sie
kommen einmal im Jahr zusammen, in der Regel am Konzernsitz. Der engere
Ausschuss besteht aus fünf Mitgliedern, die alle zwei Monate tagen, dreimal in
Präsenz. Ein erweiterter engerer Ausschuss besteht aus neun Delegierten, die
zweimal jährlich eine Sitzung durchführen. Außerordentliche Sitzungen des
gesamten EBR finden statt, wenn 25% seiner Mitglieder oder mindestens drei
Länder dies beantragen. Für die Verwaltungsaufgaben wird im EBR-Sekretariat eine
Vollzeit-Planstelle geschaffen. Bei Streitigkeiten entscheidet eine paritätische
Schlichtungsstelle mit je drei Beisitzern und einem neutralen Vorsitzenden, auf
den sich beide Seiten einigen. Am 21. Juni 2022 fand die konstituierende Sitzung
in einer Videokonferenz statt und im September 2022 ist die erste Plenarsitzung
in Bergheim geplant.

 

Pressemitteilung des Unternehmens

 



US-Onlineversandhändler mit EBR-Vereinbarung nach irischem Recht



Am 11. Mai 2022 wurde in Dublin eine EBR-Vereinbarung für Amazon unterzeichnet.
Während das Besondere Verhandlungsgremium nach luxemburgischem Recht arbeitete,
übernimmt jetzt die Niederlassung in Irland (Foto) die Rolle der zentralen
Leitung. Der EBR ist ein Forum aus Management- und Arbeitnehmervertretern, das
nur Transport- und Logistik im Bereich des Onlinehandels abdeckt. Die anderen
Sparten wie Cloud Computing, digitales Streaming und künstliche Intelligenz
haben weder Delegierte noch findet eine Anhörung statt. Trotz Brexit ist das
Vereinigte Königreich voll in den EBR integriert.

 

Amazon hat weltweit 1,6 Mio. Beschäftigte, davon 200.000 in Europa. Im EBR sind
daher nur Länder ab 1.000 Arbeitnehmern vertreten. Jedes Jahr findet eine
dreitägige Plenarsitzung statt, auf Verlangen der Arbeitnehmervertreter
zusätzlich eine zweite. Der EBR ist zuständig, wenn 5% der europäischen
Belegschaft oder 7% in je zwei Ländern von einer Maßnahme betroffen sind. In
außergewöhnlichen Umständen kommen die sieben Mitglieder des engeren Ausschusses
und Delegierte der betroffenen Länder zu einer Sondersitzung zusammen. Ist 20%
der europäischen Belegschaft betroffen, findet eine Plenarsitzung statt. Die
Stellungnahme muss der EBR innerhalb von fünf Tagen nach der Sitzung abgeben.

 

Regulär trifft der engere Ausschuss zweimal pro Jahr mit der zentralen Leitung
in einer Videokonferenz zusammen. Alle 35 EBR-Mitglieder haben 24 Stunden
Freistellung zusätzlich zu normalen Sitzungen pro Jahr, die Mitglieder des
engeren Ausschusses 72 Stunden, und sie können 15 Beratertage im Jahr durch
einen Sachverständigen ihrer Wahl in Anspruch nehmen. Der Schulungsanspruch
beträgt fünf Tage pro Amtszeit. Bei Streitigkeiten findet zunächst ein
Schlichtungsverfahren statt, bevor ein Gang zum Gericht möglich ist. Jede Seite
benennt hierfür einen Schlichter, hinzu kommt ein dritter, auf den sich beide
einigen müssen.

 

Gespaltenes Verhältnis zur Tarifbindung

 

Amazon weigert sich, Tarifverträge abzuschließen. Die Gewerkschaft ver.di
schreibt: "Die propagierte Team-Ideologie steht im Kontrast zu autoritären
Führungsmethoden und permanenter Überwachung. Der hohe Anteil befristeter
Beschäftigter erschwert die gewerkschaftliche Organisierung. Amazon kann als ein
Paradebeispiel für ein Unternehmen mit einer 'gespaltenen Belegschaft' gelten."
Zwar gibt es inzwischen an vielen deutschen Standorten einen Betriebsrat, aber
trotz punktueller Streiks seit fast zehn Jahren immer noch keinen Tarifvertrag
(siehe Bericht in den EBR-News 3/2014). Im Mai 2018 ist es im norditalienischen
Logistikzentrum Castel San Giovanni gelungen, den allerersten Tarifvertrag in
Europa durchzusetzen (siehe Bericht in den EBR-News 3/2018). Die Verhandlungen
zur Bildung des Europäischen Betriebsrates wurden unter dem Vorsitz des
betrieblichen Gewerkschaftsvertreters der CGIL dieses Amazon-Standortes geführt.
Noch im September 2020 suchte Amazon in den USA per Stellenanzeige Experten zur
Gewerkschaftsbekämpfung (siehe Bericht in den EBR-News 3/2020). Im Juli 2021 ist
eine Untersuchung über digitale Arbeitsplatzüberwachung bei Amazon erschienen
(siehe Bericht in den EBR-News 4/2021).

 

Unternehmensanalyse der Gewerkschaft ver.di

Gewerkschaftliche Pressemeldung zur EBR-Gründung

Empirische Studie über das "Prinzip Amazon"


  6. SE-BETRIEBSRÄTE UND MITBESTIMMUNG IM AUFSICHTSRAT

Deutsches Verkehrsunternehmen gründet weltweiten SE-Betriebsrat



Seit dem 6. April 2022 ist Flix eine Europäische Gesellschaft (SE). In Europa
betreibt sie mit FlixBus und in den USA mit Greyhound Lines ein ausgedehntes
Fernbusnetz. FlixTrain ist der größte Wettbewerber der Deutschen Bahn im
Fernverkehr. 22 Delegierte aus 15 Ländern vertraten 1.700 Arbeitnehmer im
Besonderen Verhandlungsgremium, darunter 1.200 aus Deutschland. Bereits am 30.
Juli 2020 wurde in München eine SE-Beteiligungsvereinbarung unterzeichnet.

 

Der SE-Betriebsrat mit dem Namen "Flix Team Board" hat eine Amtszeit von drei
Jahren. Ihm gehören 19 Vertreter aus allen Teilen der Welt an, davon ein
leitender Angestellter. Frankreich und Italien haben je ein eigenes Mandat, alle
anderen Länder sind Regionen zugeordnet. Deutschland, Österreich und die Schweiz
haben zusammen drei Vertreter und acht Sitze sind für Regionen außerhalb Europas
reserviert. Jeder Delegierte kann einmal jährlich zu anderen Standorten in
seiner Region reisen, es gibt ein Zutrittsrecht zu allen Standorten weltweit. Es
sind zwei jährliche Plenarsitzungen vorgesehen, eine davon als Videokonferenz.
Der SE-Betriebsrat kann Ausschüsse bilden, z. B. zu Chancengleichheit, Umwelt
und Soziales, Fortbildung oder zur Mobilität zwischen Flix-Standorten.

 

Geleitet wird der SE-Betriebsrat vom geschäftsführenden Ausschuss aus vier
Mitgliedern, darunter ist immer der Vertreter der leitenden Angestellten. Er ist
auch in außergewöhnlichen Umständen für die Unterrichtung und Anhörung
zuständig, sofern in zwei Ländern mindestens 15% der Belegschaft des Landes
betroffen ist. Die SE-Vereinbarung enthält einen genauen Zeitplan für das
Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren, die Stellungnahme des SE-Betriebsrates
muss innerhalb einer Woche vorliegen. Einmal jährlich führt die Konzernleitung
eine Befragung der gesamten Belegschaft durch. Dort wird künftig ein Abschnitt
zur Bekanntheit und Zufriedenheit mit dem SE-Betriebsrat enthalten sein.

 

Flucht aus der Mitbestimmung

 

Die SE-Vereinbarung schließt die Belegschaft auf Dauer von einer Mitgliedschaft
im Aufsichtsrat aus. Allerdings wird der geschäftsführende Ausschuss des
SE-Betriebsrates innerhalb von zwei Wochen nach jeder Aufsichtsratssitzung über
Inhalt und Themen der Tagesordnung vom Vorstand informiert. Das Modell erinnert
an den französischen IT-Konzern Atos (siehe Bericht in den EBR-News 1/2022).

 

Pressemitteilung zur SE-Umwandlung

 



Niederländischer Online-Supermarkt akzeptiert mitbestimmten Aufsichtsrat





Am 12. Mai 2022 gab die deutsche Tochtergesellschaft von Picnic mit Sitz in
Düsseldorf bekannt, dass die knapp 2.000 Beschäftigten künftig mit zwei von
sechs Sitzen im Aufsichtsrat vertreten sein werden. Der 2015 in den Niederlanden
gegründete Lieferdienst expandiert, hat derzeit aber erst Standorte in
Nordrhein-Westfalen und Frankreich. Es ist weder eine Umwandlung in eine
Europäische Gesellschaft (SE) noch in eine andere Rechtsform geplant, so wie es
z. B. Lidl, Kaufland und Norma gemacht haben. Der Mutterkonzern unterliegt in
den Niederlanden anderen Gesetzen und könnte sich in Deutschland problemlos der
Mitbestimmung entziehen (siehe Bericht in den EBR-News 4/2013).

 

Mit der Anwendung der deutschen Mitbestimmungsregeln hebt sich das Startup von
Wettbewerbern in der Branche deutlich ab. Erst im Februar 2022 übertrug der
Lieferdienst Gorillas die deutschen Lager in eine niederländische Holding. Flink
und Flaschenpost flüchteten durch eine SE-Umwandlung aus der Mitbestimmung
(siehe Bericht in den EBR-News 1/2019). Hier gilt das Vorher-Nachher-Prinzip:
Die Mitbestimmung wird auf dem Niveau der Gründung der SE eingefroren. Viele
Unternehmen wandeln sich daher kurz vor Erreichen des Schwellenwertes von 500
bzw. 2.000 Arbeitnehmern in eine SE um (siehe Bericht in den EBR-News 2/2020).

 



SE-Betriebsrat wird aufgelöst



Am 5. August 2022 wird die DVB Bank SE, früher einer der weltweit wichtigsten
Schiffsfinanzierer, aufgelöst und in die DZ Bank integriert. Die DZ Bank ist als
Zentralinstitut der Genossenschaftsbanken die zweitgrößte Bank Deutschlands.
2019 hatte die DVB Bank wichtige Teile ihrer Finanzdienstleistungen mit über der
Hälfte der Belegschaft verkauft, darunter das Schienen-, Straßen- und
Flugzeuggeschäft. Im Oktober 2008 war es die erste deutsche Bank in der
Rechtsform der SE (siehe Bericht in den EBR-News 1/2009).

 

Obwohl die Belegschaft auf nur noch 300 gesunken ist, waren zuletzt noch zwei
von sechs Mitgliedern des Aufsichtsrats vom SE-Betriebsrat gewählt. Mit
Auflösung der Bank entfallen der Aufsichtsrat und der SE-Betriebsrat. Da die DZ
Bank noch keinen Europäischen Betriebsrat errichtet hat, gibt es keine
europäische Arbeitnehmervertretung mehr, ähnlich wie im Fall des
Softwareunternehmens CGM (siehe Bericht in den EBR-News 4/2020).


  7. BRISANTE RECHTSFRAGEN ZUR MITBESTIMMUNG IN DER SE

Erstes SE-Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof auf der Zielgeraden



Im Fall des Softwarekonzerns SAP legte der Generalanwalt am 28. April 2022 seine
Schlussanträge vor. Es geht darum, ob Gewerkschaften bei der Umwandlung von
einer deutschen Aktiengesellschaft in eine Europäische Gesellschaft (SE) im
paritätisch besetzten Aufsichtsrat einen garantierten Anteil an Mandaten
behalten können. Am 7. Februar 2022 hatte die mündliche Anhörung des Falles in
Luxemburg stattgefunden (siehe Bericht in den EBR-News 1/2022).

 

Nach Ansicht des Generalanwalts ist der gesonderte Wahlgang für
Gewerkschaftsvertreter prägendes Element der Mitbestimmung in Deutschland und
könne von einem Besonderen Verhandlungsgremium im Zuge der SE-Umwandlung nicht
"wegverhandelt" werden. Damit schließt er sich der Position von IG Metall und
ver.di an, die gegen SAP klagen. Generalanwälte beim Europäischen Gerichtshof
haben die Aufgabe, nach der mündlichen Verhandlung einen Urteilsvorschlag zu
entwickeln ("Schlussanträge"). Sie sind dabei nicht Vertreter einer der beiden
Parteien, sondern unabhängig und neutral. Das Gericht ist an diese Vorschläge
nicht gebunden, in der Praxis folgt es jedoch in etwa dreiviertel aller Fälle
den Vorschlägen des Generalanwalts. Die Hans-Böckler-Stiftung ist daher bereits
vorsichtig optimistisch.

 

Bericht der Hans-Böckler-Stiftung

Die Schlusssanträge im Wortlaut

 



Zweites SE-Verfahren auf dem Weg zum Europäischen Gerichtshof



Am 17. Mai 2022 entschied das Bundesarbeitsgericht in Erfurt, erneut eine
Grundsatzfrage zur Mitbestimmung in der Europäischen Gesellschaft (SE) dem
Europäischen Gerichtshof in Luxemburg vorzulegen. Der japanische Konzern
Olympus, Hersteller optischer und digitaler Präzisionstechnologie sowie Kameras
und Mikroskopen mit 7.000 Beschäftigten in Europa, wird vom deutschen
Konzernbetriebsrat wegen Mitbestimmungsflucht verklagt (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2019). Die zentrale Leitung in Hamburg lehnt die Bildung eines
Europäischen Betriebsrats, eines SE-Betriebsrats und eines mitbestimmten
Aufsichtsrates ab und wählte hierfür die Konstruktion einer SE & Co. KG. Im
Oktober 2020 hatte das Landesarbeitsgericht Hamburg Rechtsbeschwerde zum
Bundesarbeitsgericht zugelassen (siehe Bericht in den EBR-News 4/2020).

 

Die Grundsatzfragen im Fall Olympus betreffen auch viele andere SE-Umwandlungen,
nämlich solche, in denen eine SE als arbeitnehmerlose Gesellschaft gegründet
wird und später die Holdingfunktion für Tochtergesellschaften mit vielen
Arbeitnehmern übernimmt. Muss dann nachträglich ein Besonderes
Verhandlungsgremium gebildet werden? Falls ja, ist dies ohne zeitliche
Begrenzung erforderlich? Und falls ein solches Verhandlungsverfahren nachgeholt
wird: erfolgt dies nach dem Recht des aktuellen Sitzlandes oder nach dem Recht
der erstmaligen SE-Eintragung? Olympus hatte die arbeitnehmerlose SE 2013 in
Großbritannien gegründet und 2017 nach Deutschland verlagert. Somit stellt sich
auch die Frage nach Auswirkungen des Brexit auf SE-Gründungen.

 

Die Fragen an den Europäischen Gerichtshof im Wortlaut


  8. EUROPAWEITE BETRIEBSVEREINBARUNGEN

Französische Bank unterzeichnet Charta für Telearbeit



Am 6. April 2022 veröffentlichte die Großbank BNP Paribas in Paris eine
Europäische Charta für Telearbeit, die im November 2021 mit dem EBR und zwei
Gewerkschaftsorganisationen auf europäischer Ebene geschlossen wurde. Sie gilt
für 132.000 Beschäftigte in 22 Ländern und ergänzt die drei bestehenden
Vereinbarungen. 2012 hatte der Europäische Betriebsrat eine Sozialcharta mit der
zentralen Leitung geschlossen, 2014 eine Vereinbarung über die Gleichbehandlung
der Geschlechter und 2017 zur Prävention von Stress am Arbeitsplatz (siehe
Bericht in den EBR-News 2/2017).

 

Die Charta begrenzt Telearbeit auf 50% der Arbeitszeit mit mindestens einem
Präsenztag pro Woche. Es gilt der Grundsatz der doppelten Freiwilligkeit
(Vorgesetzte und Telearbeiter müssen einverstanden sein) und es gibt kein Recht
auf Telearbeit. Der Arbeitsplatz muss für Remote-Arbeit geeignet sein
(Sicherheit, Ergonomie, Ruhe, sichere Internetverbindung etc.) und es darf kein
externer Ort wie z. B. Coworking Space sein. Das Büro muss in dringenden Fällen
innerhalb eines halben Tages erreichbar sein. Für grenzüberschreitende
Telearbeit wird zunächst eine Studie durchgeführt, um sie in Bezug auf die
Krankenversicherung zu bewerten. Die Vereinbarung verpflichtet die betroffenen
Stellen in den 22 Ländern, den Einsatz von Telearbeit mit den
Arbeitnehmervertretern auszuhandeln. Die Anwendung der Charta wird vom
Europäischen Betriebsrat überwacht. Im Oktober 2020 hatte die italienische Bank
UniCredit eine ähnliche Erklärung unterzeichnet (siehe Bericht in den EBR-News
4/2020).

 

Pressemitteilung über die Unterzeichnung

Die Charta im Wortlaut

 



Europaweiter Bestandsschutz nach Betriebsübergang abgesichert



Am 13. April 2022 unterzeichnete der französische Baukonzern Bouygues mit dem
EBR des französischen Energiekonzerns Engie ein Protokoll über soziale
Verpflichtungen bei der bevorstehenden Übernahme von Equans, der Sparte für
technische Dienstleistungen von Engie. Es ist die allererste transnationale
Betriebsvereinbarung der Wirtschaftsgeschichte zwischen einem EBR und einem
Käufer (Bouygues), ohne Beteiligung und Haftung des Verkäufers (Engie). Das
Protokoll wurde auch von drei europäischen Gewerkschaftsverbänden ratifiziert.

 

Noch bevor die Entscheidung zum Verkauf an Bouygues getroffen war, konnte der
EBR von Engie im Oktober 2021 alle Kaufinteressenten befragen und Forderungen
für soziale Garantien unterbreiten (siehe Bericht in den EBR-News 4/2021). Im
Protokoll sind geregelt: eine Beschäftigungsgarantie von fünf Jahren für alle
60.000 Arbeitnehmer von Equans in Europa, 10.000 neue Arbeitsplätze innerhalb
von fünf Jahren, 2.000 Auszubildende allein in Frankreich, Angebote zur
beruflichen Weiterbildung in allen europäischen Ländern und Kapitalbeteiligung
durch Belegschaftsaktien. Die sozialen Garantien werden von einem Europäischen
Spartenbetriebsrat überwacht, der unverzüglich nach dem "Closing" mit 18
Delegierten von Equans und zehn von der Sparte Bouygues Energie & Services
gebildet wird. Zusätzlich kann Equans sechs Delegierte in den EBR der
Bouygues-Holding entsenden, deren EBR-Vereinbarung zuletzt im März 2021 erneuert
wurde (siehe Bericht in den EBR-News 3/2021).


  9. DER BLICK ÜBER EUROPA HINAUS

US-Digitalunternehmen unternimmt erste Annäherung an Gewerkschaften



Am 17. Februar 2022 wurde ein Memorandum of Understanding zwischen der
Internationalen Transportarbeiter-Föderation (ITF) in London und der Leitung von
Uber in San Francisco unterzeichnet. Die weltweit 30.000 Fahrer und Kuriere des
Vermittlungsdienstes für Personenbeförderung und Essensauslieferung sollen in
Zukunft besser geschützt werden. Die Erklärung beinhaltet das Recht auf
gewerkschaftliche Vertretung, Vereinigungsfreiheit und Tarifverhandlungen,
Gesundheit und Sicherheit, Sozialschutz und Streitbeilegung. Die
Vertragsparteien werden sich über diese Themen regelmäßig austauschen. Im
Februar 2021 hatte der Oberste Gerichtshofs des Vereinigten Königreichs Fahrer
der Digitalplattform als Angestellte und nicht als selbständige Unternehmer
eingestuft, woraufhin Uber sein Geschäftsmodell änderte (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2021).

 

Pressemitteilung der ITF

 



Umstrittenes Rahmenabkommen in französischem Pflegekonzern



Am 8. April 2022 wurde ein internationales Rahmenabkommen zwischen der
internationalen Gewerkschaftsföderation für den Dienstleistungssektor (UNI) und
der zentralen Leitung von Orpea unterzeichnet. Es gilt für 70.000 Beschäftgte in
23 Ländern der Welt und zielt darauf, die Arbeitsbedingungen und die Qualität
der Versorgung von Bewohnern und Patienten durch verstärkten sozialen Dialog und
Gewerkschaftsrechte zu verbessern. Es ist das erste weltweite Abkommen, das die
Gewerkschaften in der Gesundheitsversorgung und Altenpflege erzielen konnten.

 

Gewerkschaften in Ländern wie z. B. Chile, Kolumbien oder Polen bekommen
erweiterte Rechte, um mit den Belegschaften zu sprechen, Manager gegen
gewerkschaftsfeindliches Verhalten zu schulen und das Unternehmen zur
Rechenschaft zu ziehen. Gewerkschaften aus Westeuropa kritisieren das Abkommen
dagegen, da sie nicht an dessen Aushandlung beteiligt waren und sich gerade in
einer massiven Auseinandersetzung mit Orpea befinden. Offenbar gab es zwischen
den internationalen und europäischen Gewerkschaftsföderationen keinerlei
Absprachen.

 

Am 8. März 2022 fand am Hauptsitz von Orpea in Puteaux westlich von Paris eine
Protestaktion französischer, belgischer und deutscher Gewerkschaften statt. Der
private Pflegekonzern ist derzeit als schlechter Arbeitgeber, wegen
antigewerkschaftlichem Verhalten, Missbrauch öffentlicher Gelder und
Misshandlung von Patienten in den Schlagzeilen. Am 22. März 2022 sprach das
Arbeitsgericht Bremen der Betriebsratsvorsitzenden der Senioren Wohnpark Weser,
gleichzeitig EBR-Vorsitzende von Orpea, einen Schadensersatz von 15.000 €
wegen Diskriminierung und Mobbing zu. Und am 26. März 2022 kündigte die
französische Regierung an, ein Strafverfahren gegen Orpea wegen Vorwürfen der
Misshandlung älterer Patienten einzuleiten. Im Oktober 2020 waren die
Verhandlungen zur Bildung eines Europäischen Betriebsrates gescheitert (siehe
Bericht in den EBR-News 4/2020).

 

Pressemitteilung zur Unterzeichnung des Rahmenabkommens

Bericht über das Rahmenabkommen

Das Rahmenabkommen im Wortlaut

Die Kritik der europäischen Gewerkschaften

Stellungnahme von UNI zu dieser Kritik

Pressebericht über den Schadensersatz für die EBR-Vorsitzende

Bericht über das Gerichtsverfahren in Bremen

 



Erste lokale Gewerkschaftsvertretung bei Apple in den USA



Am 18. Juni 2022 gab das National Labour Relations Board das Ergebnis einer
Abstimmung unter den 110 Angestellten des Apple-Stores in Towson, einer
Kleinstadt in Maryland, bekannt. Die Belegschaft hatte eine eigene Gewerkschaft
gegründet, die Coalition of Organized Retail Employees (CORE), und möchte einen
Haustarifvertrag abschließen. Sie waren dabei von der International Association
of Machinists and Aerospace Workers (IAM) unterstützt worden, einer
Metallgewerkschaft mit 600.000 Mitgliedern und Teil des Internationalen
Industriegewerkschaftsbundes industriALL.

 

Die Konzernleitung von Apple hatte zuvor Leitfäden an Geschäftsstellenleiter
verteilt, um Arbeitnehmer davon abzuhalten, einer Gewerkschaft beizutreten, und
Berater engagiert, die darauf spezialisiert sind, Gewerkschaftsgründungen zu
verhindern. Die gewerkschaftliche Organisierung hat in letzter Zeit in den USA
an Dynamik gewonnen. Am 1. April 2022 stimmte eine Mehrheit in einem
Amazon-Lager in New York mit 8.300 Beschäftigten für eine gewerkschaftliche
Interessenvertretung, es ist die erste im Amazon-Konzern in den USA. Im Januar
2021 wurde für die Google-Muttergesellschaft Alphabet eine Gewerkschaft
gegründet (siehe Bericht in den EBR-News 1/2021). Das Labour Relations Board ist
eine 1935 gegründete Bundesbehörde, die das Recht der Beschäftigten der
Privatwirtschaft schützt, sich einer Gewerkschaft anzuschließen und auf Antrag
solche Abstimmungen organisiert.

 

Pressebericht über die Ereignisse

Bericht über das Abstimmungsergebnis

Die Webseite des Labour Relations Board

Merkblatt über die Arbeitnehmerrechte in den USA


  10. INTERESSANTE WEBSEITEN

Forschung zum Umbau der Arbeitswelt



Auf einer eigenen Webseite präsentiert die Hans-Böckler-Stiftung Dokumente der
2018 gebildeten Forschungsstelle "Arbeit der Zukunft". Sie bündelt Forschung zu
digitalen und sozial-ökologischen Transformationsprozessen sowie deren
Auswirkungen auf die Arbeitswelt. Dabei geht es vor allem um die Frage, wie ein
solcher Umbau fair und human gestaltet werden kann. Einmal im Jahr findet eine
Konferenz statt, die LABOR.A.

 

Die Webseite zur Arbeit der Zukunft

Informationen zur Konferenz LABOR.A

 



Beobachtungsstelle zur Mitbestimmung in der Digitalwirtschaft



Die Beobachtungsstelle ist das Ergebnis eines zweijährigen Projekts mit elf
Initiativen aus verschiedenen europäischen Ländern, finanziert von der
Europäischen Kommission. Die Leitung hatten zwei Institute in Frankreich. Die
Webseite enthält Ansprechpartner, Initiativen, Gerichtsentscheidungen und
Entwicklungen in mehreren Ländern. Im Projekt wurde eine Toolbox erstellt, die
in fünf Sprachen die Errichtung von Arbeitnehmervertretungen und Mitbestimmung
in der Digitalwirtschaft behandelt.

 

Die Webseite der Beobachtungsstelle

Download der Toolbox

 



Gewerkschaften in Unternehmen der Finanztechnologie (FinTech)



Am 10. Mai 2022 fand in Kopenhagen die Abschlusskonferenz eines EU-finanzierten
Forschungsprojekts statt, das Auswirkungen von FinTech-Unternehmen auf die
Finanzindustrie und die Rolle von Gewerkschaften untersuchte, die sie bei der
Sicherung guter Beschäftigung der Branche spielen können. Das zweijährige
Projekt war eine gemeinsame Initiative des europäischen Dachverbands der
Dienstleistungsgewerkschaften (UNI Europa), der skandinavischen
Finanzgewerkschaften und der Universität Göteborg. Die Untersuchung
konzentrierte sich auf Schweden, Estland, Dänemark und die Niederlande. Wie
schwierig eine Betriebsratsgründung in einem FinTech sein kann, zeigte im August
2020 die Direktbank N26 in Berlin (siehe Bericht in den EBR-News 3/2020).

 

Die Webseite des Projekts

Bericht über Arbeitsbeziehungen im FinTech-Sektor

Bericht von der Abschlusskonferenz des Projekts

 



Regierung informiert über Lieferkettengesetz



Auf einer eigenen Webseite stellt die deutsche Bundesregierung ihre Aktivitäten
zur menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht dar. Dazu gehört ein nationaler
Aktionsplan, um große Unternehmen auf das neue Lieferkettengesetz vorzubereiten,
das im Januar 2023 in Kraft tritt (siehe Bericht in den EBR-News 1/2021). Sie
müssen dann die Einhaltung der Menschenrechte in ihrer Lieferkette überwachen
und faire Arbeits- und Lebensbedingungen weltweit fördern.

 

Die Webseite zum Lieferkettengesetz

Die Leitfäden zum Download


  11. NEUE PUBLIKATIONEN

Gewerkschaftliche Antworten auf die Digitalisierung



Ende April 2022 ist der Abschlussbericht eines EU-finanzierten Projekts zur
Digitalisierung erschienen, der von einer litauischen Beratungsfirma erstellt
wurde. Er untersucht Trends der Digitalisierung, Treiber und Hindernisse,
digitale Fähigkeiten, Auswirkungen auf die Arbeitsorganisation und mögliche
Antworten der Gewerkschaften in ausgewählten Ländern und vier Branchen:
öffentlicher Dienst, Bildungswesen, Gesundheitsversorgung, Postdienste. In
diesem Zusammenhang werden auch Risiken einer Verschlechterung der
Arbeitsbedingungen und  potenzielle Auswirkungen auf den Arbeits- und
Gesundheitsschutz beleuchtet. Herausgeber ist der Europäische Verband der
Unabhängigen Gewerkschaften (CESI), zweitgrößter gewerkschaftlicher Verband in
Brüssel nach dem Europäischen Gewerkschaftsbund (EGB). Ihm gehört aus
Deutschland der Beamtenbund an, der mit 1,3 Mio. Mitgliedern in Konkurrenz zum
DGB und dessen 5,9 Mio. Mitgliedern steht.

 

Weitere Informationen und Download

 



Daten und Fakten über die Beschäftigung der Zukunft



Anfang Mai 2022 ist erstmals in Deutschland ein Atlas der digitalen Arbeit
erschienen, den Hans-Böckler-Stiftung und Deutscher Gewerkschaftsbund gemeinsam
herausgeben. Er zeigt in vielen Grafiken, wie Digitalisierung die Arbeitswelt
verändert. Einzelne Kapitel untersuchen z. B. die Automobil- und Chemiebranche,
Plattformarbeit, künstliche Intelligenz oder die neuen Möglichkeiten der
Überwachung am Arbeitsplatz inklusive Homeoffice. Dem Onlineversandhändler
Amazon mit seinen Überwachungstechnologien (siehe Bericht in den EBR-News
4/2021) ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Der Atlas untersucht auch die Rolle
der Mitbestimmung durch Betriebsräte bei der Gestaltung guter Arbeit und
Work-Life-Balance. Im EU-Vergleich ist die Digitalisierung in Dänemark am
weitesten entwickelt, die Schlusslichter sind Rumänien, Bulgarien und
Griechenland. Deutschland liegt hinter Spanien im Mittelfeld. Die Publikation
ist eine Fortsetzung des im Mai 2018 erschienen "Atlas der Arbeit" (siehe
Bericht in den EBR-News 2/2018)

 

Kurzbeschreibung der Publikation

Überblick über die Grafiken

Download der Publikation

 



Herausforderungen der Digitalisierung im Einzelhandel



Anfang Mai 2022 ist eine Untersuchung der Friedrich-Ebert-Stiftung und des
europäischen Verbandes der Dienstleistungsgewerkschaften (UNI) über die
Automatisierung im Einzelhandel erschienen. In den meisten europäischen Ländern
ist er der größte Arbeitgeber der Privatwirtschaft, der durch geringe
Produktivität, wenig Investitionen und schlechte Arbeitsbedingungen auffällt.
Die Corona-Pandemie hat den Trend zu Automatisierung, Digitalisierung und zum
Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Robotik im Einzelhandel stark
beschleunigt. Die Studie zeigt Triebkräfte der technologischen Entwicklung der
Branche: E-Commerce und Outsourcing, bargeldlose Zahlungssysteme, Überwachungs-
und Kontrollsysteme, autonome Lagerhäuser und Robotik, Automatisierung im
Personalwesen und virtuelle Realität. Aus diesen Trends entwickeln die Autoren
von der Universität Sussex politische Antworten der Gewerkschaften. Die Studie
liegt in in vier Sprachen vor.

 

Download der Studie

Download der übrigen Sprachversionen

 



Bessere Regeln für die Vergabe von Unteraufträgen



Im Juni 2022 startete die Europäische Föderation der Bau- und Holzarbeiter unter
dem Titel "Who's the Boss?" eine Kampagne gegen die Ausbeutung in
Subunternehmerketten der Bauindustrie. In einem ausführlichen "Aufruf zum
Handeln" sind zehn Kernforderungen benannt und Fallbeispiele aus Belgien,
Frankreich und Dänemark beschrieben. Große Baufirmen erwirtschaften oft 50% bis
80% ihres Umsatzes mit der Vergabe von Unteraufträgen. Es gibt Bauprojekte, die
zu 100% von Unterauftragnehmern ausgeführt werden. Je länger die
Subunternehmerkette ist, desto schwieriger können Gesetze und Tarifverträge
überwacht und durchgesetzt werden. Ausbeutung wird so zum Geschäftsmodell. Der
Aufruf fordert die Stärkung Europäischer Betriebsräte. Sie sollen alle
Informationen bekommen, um die Beschaffungspolitik eines Unternehmens zu
analysieren und Risikofaktoren zu identifizieren. Lokale Arbeitnehmervertreter
sollen das Recht haben, ohne vorherige Ankündigung Baustellenbesichtigungen und
Audits durchzuführen.

 

Download des Aufrufs

Weitere Materialien zur Kampagne


  12. DIE EWC ACADEMY: BEISPIELE AUS UNSERER ARBEIT

Fortsetzung von EBR-Verhandlungen nach langer Pause



Vom 9. bis 11. Mai 2022 fand in Windsor die erste Präsenzsitzung des EBR von
Alliance Healthcare seit Beginn der Corona-Pandemie statt. Die englische
Residenzstadt westlich von London liegt nahe dem Sitz des europäischen
Managements des Pharmagroßhändlers. Die Verhandlungen hatten mit Unterstützung
der EWC Academy im Oktober 2019 begonnen (siehe Bericht in den EBR-News 3/2019)
und wurden zu Beginn der Pandemie auf unbestimmte Zeit vertagt.

 

Der Europäische Betriebsrat wurde 2007 nach britischem Recht gegründet und tagt
unter dem Vorsitz des Arbeitgebers. Seit dem Brexit unterliegt er
niederländischem Recht. Im Juni 2021 kaufte der US-Konzern AmerisourceBergen
fast alle europäischen Niederlassungen von Alliance Healthcare (siehe Bericht in
den EBR-News 3/2021). Nach dieser Akquisition vertritt der EBR heute mehr als
15.000 Beschäftigte in acht Ländern, darunter weiterhin auch 6.500 im
Vereinigten Königreich. Im März 2021 konnte er einen Rechtsstreit vor dem
Central Arbitration Committee in London für sich entscheiden (siehe Bericht in
den EBR-News 1/2021).

 



EBR-Schulung in japanischem Elektronikkonzern



Am 8. Juni 2022 führte die EWC Academy eine Schulung für den Europäischen
Betriebsrat von Epson am europäischen Hauptsitz in Amsterdam durch. Das
japanische Unternehmen stellt Drucker und Technologie zur Bildverarbeitung her.
Der 1997 gebildete EBR unterliegt niederländischem Recht und vertritt 2.000
Beschäftigte in 23 Ländern inklusive des Vereinigten Königreichs. Am Tag nach
der Schulung wurde eine neue EBR-Vereinbarung unterzeichnet. Sie erhöht die Zahl
der Delegierten von acht auf zehn und gewährt erstmals den skandinavischen und
osteuropäischen Ländern je einen eigenen Sitz. Die letzte Schulung hatte im Juni
2018 stattgefunden (siehe Bericht in den EBR-News 2/2018). Die Zusammenarbeit
mit der EWC Academy reicht bis ins Jahr 2005 zurück (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2006).

 



Jährliche EBR-Fachtagung ausnahmsweise im Sommer

 

Am 27. und 28. Juni 2022 fand die ursprünglich für Januar geplante 14. Hamburger
Fachtagung für Europäische und SE-Betriebsräte statt. Sie musste wie im Jahr
zuvor wegen der Corona-Pandemie verschoben werden. Auf dem Programm standen die
neuesten Entwicklungen im Europäischen Parlament und eine Analyse zum aktuellen
Stand von transnationalen Betriebsvereinbarungen. Weiterhin wurde das Beispiel
Adecco präsentiert, dessen EBR im März 2021 eine Klage für sich entscheiden
konnte (siehe Bericht in den EBR-News 1/2021). Am zweiten Tag gab es
Arbeitsgruppen zur Geschäftsordnung des EBR, Regeln für Videokonferenzen,
Leiharbeit und Outsourcing. 2023 soll die Hamburger Fachtagung wieder zum
regulären Termin stattfinden: am 30. und 31. Januar 2023.


  13. AKTUELLE SEMINARTERMINE

Die EWC Academy und ihre Vorläuferorganisation führt seit Januar 2009 Tagungen
und Seminare für Mitglieder von Europäischen Betriebsräten, SE-Betriebsräten und
Besonderen Verhandlungsgremien durch. Bisher haben daran 855
Arbeitnehmervertreter aus 295 Unternehmen teilgenommen, viele von ihnen auch
mehrfach. Das entspricht 25% aller transnationalen Betriebsratsgremien in
Europa. Hinzu kommen zahlreiche Inhouse-Veranstaltungen und Gastvorträge bei
anderen Veranstaltern.

 

Überblick über die bevorstehenden Seminartermine

 

 
 
 



Zwei Seminare nach der Sommerpause: Datenschutz und Leiharbeit/Outsourcing



Vom 31. August bis 2. September 2022 finden zwei Seminare in Mainz statt: 1. ein
Datenschutzseminar und 2. ein Seminar zu Werkverträgen, Leiharbeit und
Fremdfirmeneinsatz. Schwerpunkt des Seminars 1 ist die
EU-Datenschutz-Grundverordnung. Dabei wird eine Risikobewertung unter
Berücksichtigung der jeweiligen Firmenstrukturen vorgenommen, Probleme der
Auftragsdatenverarbeitung und die Inhalte von Betriebsvereinbarungen stehen auf
dem Programm. Im Seminar 2 geht es um den Zusammenhang von Vergabepolitik und
Sub-Ketten, Beispiele missbräuchlicher Anwendung und Kontrollmöglichkeiten des
Betriebsrates. Zum Abendprogramm gehört die Besichtigung der Kupferbergterrasse,
ein mittelalterliches Gewölbe mit dem tiefstgelegenen Sektkeller der Welt (Foto
eines früheren Seminars).

 

Das Programm der beiden Seminare

 



EBR- und SE-Seminar in Kassel

Vom 4. bis 7. Oktober 2022 findet unser jährliches Grundseminar für Mitglieder
(auch für künftige) von Europäischen Betriebsräten, SE-Betriebsräten und
Besonderen Verhandlungsgremien statt. Dabei werden mehrere Seminarbausteine für
Einsteiger und für Fortgeschrittene angeboten. Seminarort ist ausnahmsweise das
Schlosshotel Bad Wilhelmshöhe. Ab Frühjahr 2023 findet das Seminar dann wieder
regelmäßig im Schloss Montabaur statt.

 

Das Programm des Grundseminars

Bericht von einem früheren Grundseminar in Montabaur

 



Erstmals EBR-Fachtagung in Irland



In den letzten Jahren führte die EWC Academy sechs Fachtagungen für Europäische
Betriebsräte in London durch. Nach dem Brexit verlagern wir sie nach Dublin, so
wie es viele britische und US-Unternehmen mit ihrem EBR gemacht haben (siehe
Bericht in den EBR-News 1/2021). Die Tagung findet vom 19. bis 21. Oktober 2022
statt und wird simultan gedolmetscht. Als Abendprogramm ist ein Besuch im
Guinness Storehouse geplant, der historischen Brauerei mit Panoramablick über
die Stadt (Foto). Teilnehmen können nicht nur EBR-Mitglieder, die irischem Recht
unterliegen, sondern alle die ihre Erfahrungen mit einem angelsächsisch
geprägten Management austauschen wollen.

 

Das Programm der Fachtagung

 



Juristisches EBR-Seminar in Hamburg



Vom 14. bis 17. November 2022 findet ein juristisches Aufbauseminar für
Fortgeschrittene zu rechtlichen Detailfragen statt, die besonders bei der
Aushandlung einer EBR-Vereinbarung wichtig sind. Analysiert werden auch
Gerichtsurteile und laufende Rechtsstreitigkeiten über EBR- und SE-Fragen sowie
die neuen Vorschläge des Europäischen Parlaments zur Revision der
EBR-Richtlinie. Es bietet sich an, zuvor unser jährliches Grundseminar in Kassel
zu besuchen.

 

Das Programm der Grund- und Aufbauseminare


 



Inhouse-Veranstaltungen


Eine Übersicht über mögliche Themen für Inhouse-Veranstaltungen finden Sie hier:

 

Beispiele für Inhouse-Seminare


  14. IMPRESSUM

Die EBR-News werden herausgegeben von:

EWC Academy GmbH
Rödingsmarkt 52, D-20459 Hamburg
www.ewc-academy.eu

Verteiler der deutschsprachigen Ausgabe: 23.114 Empfänger
Verteiler der englischsprachigen Ausgabe: 4.308 Empfänger
Verteiler der französischsprachigen Ausgabe: 4.232 Empfänger

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