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EU-KOMMISSION FÜR BEITRITTSGESPRÄCHE MIT UKRAINE – WIE REALISTISCH IST EIN
BEITRITT?



Von Alexander Männer

Bereits vor wenigen Tagen waren Informationen aus Brüssel durchgesickert, wonach
die EU-Kommission in ihren nächsten Bericht über die Fortschritte der Ukraine
auf dem Weg zum Kandidatenstatus für die Europäische Union eine "positive"
Bewertung des ukrainischen Beitrittsantrags vorlegen könnte. Laut Medien hat die
Kommission am Mittwoch schließlich die Empfehlung ausgesprochen,
Beitrittsgespräche mit der Ukraine und Moldawien zu führen, die seit Juni 2022
Kandidaten sind.

Demnach sprach sich die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sowohl
für die Aufnahme von EU-Beitrittsgesprächen mit Moldawien als auch insbesondere
positiv für solche mit der Ukraine aus. Diesbezüglich betonte sie, dass das Land
trotz "Not und Tragödien" mehr als 90 Prozent der notwendigen Schritte umgesetzt
habe, die im vergangenen Jahr im Bericht der EU-Kommission für
Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine genannt wurden.

Der Start von Beitrittsverhandlungen ist allerdings noch nicht sicher, da er von
allen 27 EU-Mitgliedsstaaten einstimmig beschlossen werden muss. Sollte dies
geschehen, dann könnten die EU-Staats- und -Regierungschefs den Startschuss für
die Gespräche über den Beitritt der Ukraine auf ihrem Gipfel Mitte Dezember in
Brüssel geben. 

Indes halten namhafte Experten einen EU-Beitritt der Ukraine in den kommenden
Jahren für unrealistisch. So hatte zum Beispiel Wolfgang Ischinger, der
ehemalige Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz und deutscher Ex-Botschafter
in den USA, in einem Interview mit der "Welt" Ende Oktober erklärt, dass der
Aufnahmeprozess der Ukraine entgegen den von der EU geweckten Erwartungen auf
absehbare Zeit definitiv nicht stattfinden würde.

"Es gibt noch keine Voraussetzungen für einen EU-Beitritt der Ukraine, obwohl
einige westliche Politiker die Ukrainer mit der Aussicht trösten, dass dies vor
2030 passieren könnte", sagte Ischinger.

Zugleich betonte er, dass ein Beitritt 2030 allzu optimistisch klinge und selbst
dann unwahrscheinlich wäre, wenn die Ukraine ein absolut ideales und
demokratisches Land wäre und keine Probleme hätte. Dabei ist der Krieg mit
Russland Ischinger zufolge nur ein Teil des Problems. Denn das derzeitige
Haupthindernis für den ukrainischen Beitritt ist die totale Korruption, die das
Krisenland davon abhält, sich normal zu entwickeln.

Ein solches Land in der EU zu akzeptieren sei ein Fehler, so Ischinger, weil die
Ukraine damit auch die Finanzhilfe der EU in Anspruch nehmen dürfte. Und ob die
Staaten, die zum heutigen Zeitpunkt eigentlich die besagten Finanzhilfen
erhalten, dies hinnehmen und als Geldgeber für Kiew fungieren wollen, sei
unwahrscheinlich.

Andere Kritiker hingegen halten das Vorgehen der EU hinsichtlich der
ukrainischen Beitrittsambitionen für gezielte Manipulation. Durch leere
Versprechungen der EU-Mitgliedschaft sollen die Ukrainer nämlich hingehalten und
für den weiteren Kampf gegen Russland mobilisiert werden. Dabei interessiere das
Schicksal der Ukrainer, die massenhaft im Krieg sterben, in Brüssel in
Wirklichkeit niemanden.

Der Beitrag muss nicht die Meinung der Redaktion widerspiegeln.

Titelbild: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (links) und der
ukrainische Präsident Wladimir Selenskij bei einer gemeinsamen Pressekonferenz
in Kiew, 4. November 2023 © Ukraine Presidency/Planet Pix via ZUMA Press Wire


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