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FINANZBERATUNG EU SAGT PROVISIONSVERBOT AB – WILL ABER DEN ANLEGERSCHUTZ STÄRKEN

von Niklas Hoyer
28. April 2023

EU-Finanzkommissarin McGuinness hat ihre Pläne für ein Provisionsverbot
aufgegeben.

Bild:  REUTERS



Es war ein erbitterter Kampf von Gegnern und Befürwortern. Doch vorerst kommt
das von der EU-Kommission geplante Provisionsverbot in der Finanzberatung nicht.
Trotzdem dürfte sich einiges ändern.



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Die Stimmung war aufgeladen. Die lobbystarke Finanz- und Versicherungsindustrie
trommelte kräftig gegen ein Verbot des provisionsfinanzierten Produktverkaufs.
Verbraucherschützer hingegen machten sich mächtig stark für diesen
Einschnitt. Doch nun ist klar, dass der Verbotsplan vorerst vom Tisch ist.
EU-Finanzkommissarin Mairead McGuinness gab am Donnerstag bei einer
Finanzkonferenz bekannt, dass ein Provisionsverbot im Finanzbereich vorerst
nicht weiter als Plan verfolgt wird. 

Die Reaktionen sind, wie zu erwarten, gespalten. Die Verbraucherinteressen
vertretende Bewegung Finanzwende zeigte sich enttäuscht. „Die EU-Kommission ist
als Tiger gestartet und als Bettvorleger gelandet. Schon vor der Vorstellung
ihrer Pläne knickt sie vor der Finanzlobby ein“, kommentierte Britta Langenberg
von der Bürgerbewegung Finanzwende. Die Finanzindustrie hingegen begrüßte das
Signal. „Es wäre die richtige Entscheidung, von vielen guten Argumenten
unterstützt“, hieß es in einer Stellungnahme des Bundesverbands
Finanzdienstleistung AfW.



Der Widerstand aus der Finanzindustrie, aber auch aus einigen der
EU-Mitgliedstaaten, war wohl zu groß. Dennoch wird trotz des nun ausbleibenden
Provisionsverbots nicht alles beim Alten bleiben. Die EU-Kommission will am 24.
Mai Maßnahmen im Rahmen einer europäischen Kleinanlegerstrategie vorlegen.
McGuiness sprach daher auch gleich eine Warnung in Richtung Finanzindustrie aus:
So solle die Finanzindustrie ihr Beigeben in Sachen Provisionsverbot keinesfalls
als Freifahrtschein werten. Geplant seien strengere Transparenzpflichten, mehr
Regeln für die Zulässigkeit von Vergütungsanreizen, besser verständliche
Kostendarstellungen und eine zunehmende Kontrolle seitens der Aufsichtsbehörden.



Seit Jahren wird hart um Vergütungsmodelle in der Finanz- und
Versicherungsberatung gerungen. Kritiker sehen im derzeit noch dominierenden
Provisionsmodell, bei dem der Verkäufer indirekt vom Produktanbieter bezahlt
wird, einen klaren Interessenkonflikt. Vermittler hätten dabei keinen Anreiz,
das für den Kunden beste Anlage- oder Vorsorgeprodukt zu verkaufen, sondern das
für sie einträglichste, also das mit den höchsten Provisionen. Anlageskandale
und wenig rentable Geldanlagen gelten als Beleg für die Auswüchse dieses
Systems.




Als Alternative gilt vielen eine reine Honorarberatung, bei der die Beratung
unabhängig vom Produktverkauf und allein vom Kunden bezahlt wird. Auch hier gibt
es aber verschiedene Modelle, die unterschiedliche Vor- und Nachteile haben. So
kann die Beratung rein aufwandsbezogen, etwa nach Beratungsstunden, bezahlt
werden, oder aber nach Höhe der Anlagesumme. Und auch eine Honorarberatung
allein garantiert noch keine qualitativ hochwertige Beratung. Vor allem
Anlageprodukte mit niedrigen Kosten, etwa Indexfonds (ETFs), haben hier aber
deutlich größere Chancen, als Option dargestellt zu werden.


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Klar ist, dass der Druck zu geringeren Kosten im Finanzvertrieb hoch bleiben
wird, auch ohne Provisionsverbot. Schon zuletzt gingen Aufsichtsbehörden gegen
Kostenexzesse strenger vor. Die deutsche Finanz- und Versicherungsaufsicht BaFin
kritisierte beispielsweise ungewohnt deutlich die oft hohen Kosten bei
fondsgebundenen Lebensversicherungen. „Wenn Lebensversicherungen zu viel
kosten“, war ihre Attacke auf die Versicherungsbranche überschrieben.

Womöglich braucht es also kein Verbot, um im Finanz- und Versicherungsvertrieb
etwas zu bewegen. Allerdings wird es nun deutlich langsamer vorangehen, als sich
Verbraucherschützer das gewünscht hätten.

Lesen Sie auch: Kunden bleiben in der Debatte um ein Provisionsverbot in der
Anlageberatung auf der Strecke

Niklas Hoyer
Leiter Verbraucherfinanzen und Ressortleiter WiWo Coach


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