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[ S T 4 M P 3 D E ,] (v) Schadware Pamphletassistenz Geosublimierung VIRUSLÄSTERN 11. APRIL 2022 https://www.kopfgarn.de/images/18.jpg Es ist Tag 1, erster Tag nach Ground-Zero in dieser Wohnung. Und der Junge kann nicht still sitzen. Geben Sie dem Kind ein Buch, setzen sie es vor den Bildschirm zum Zocken – normalerweise: eine Woche später wiederkommen, einsammeln, bissl dünner und leicht muffig, aber sonst alles gut. Diesmal nicht, Zocken und Lesen verlangen Aufmerksamkeit, keine Chance. Aber Schreiben geht, nech? Ja nun, über schlechte Dinge schreiben befreit. Schonmal in letzter Zeit ein Blog zur Ausführung eines Frühlingsspaziergangs oder einer Tiefenmassage gelesen? Ja ich auch, war irgendwann in den 2000ern. Menschen schreiben, wenn etwas stört. Wenn wir zufrieden sind, haben wir besseres zu tun – z.B. den Moment genießen. Schöne Einleitung, erstmal die Leserschaft sortieren, damit nur die Fatalisten und Schwarzseher übrigbleiben. Läuft. Also gestern, da war… Mehr TAG 0 / MI – DER SUPERSPREADER IM HIPSTERBERG Irgendwann nachts aufgewacht mit Halsschmerzen. Halsschmerzen können beim vorliegenden Körper drei Ursachen haben: * a) zu heiß gefuttert * b) minderwertige Schokolade inhaliert * c) grippaler Infekt oder Erkältung. Ehrlich gesagt, a) und b) waren verdammt naheliegend. Über die Jahrzehnte gereift: wenn a) oder b) auftritt, kann es auch zu Fieber und Gelenkschmerzen kommen. Vermutlich irgendwas mit Männerschnupfen aka psychosomatisches intrakorporelles Mitleidssyndrom: wenn der Hals krank ist, sind die anderen Teile des Körpers empathisch genug, das nachzufühlen. Jetzt aber doof: am nächsten Tag ist Probe, am Wochenende eine Aufnahme im Studio, Freitag eigentlich eh PCR-Test (Annehmlichkeiten als Sänger), aber da muss man auch erstmal gesund hinkommen. Also Selbstschnelltest mit Rachenabstrich und ab dafür: minimaler Strich beim ‚T‘. Ok Google, was bedeutet ein minimaler Strich beim ‚T‘? Ah, kann vorkommen, das ist ja ausreichend konkret. Nicht. Kein weiterer Schnelltest mehr im Haus, hmmm. Kurz das Gewissen gefoltert: geh ich jetzt raus und stecke im Zweifel andere Leute an? Naja, Kontrollfreak, ergib Dich Deinen Mustern – Gewissheit ist wichtiger als Menschenleben. Also raus da, schnell zu DM ein paar Schnelltests – ah, sorry gerade ausverkauft? Na dann zur Apotheke, die billigen für 4€ das Stück. Klar gern gleich vier, hab da schlechte Erfahrungen mit nur einem. Das Testzentrum nebenan auch noch gleich für eine Schleimhautrotation bemüht. Dann fühlt man sich schon irgendwie besser. Ist wie mit Blutspenden, hinterher hagelt das Serotonin einem die Menschenliebe ins Stammhirn. Gut, dann also noch einkaufen, jetzt hab ich eh alles falsch gemacht, was man falsch machen kann. Zurück zu Hause, Schnelltestergebnis der Nasenstreichler: negativ. Na denn, vergoldeter Apothekentest liefert auch im Rachenabstrich (Würgegeräusche bitte vorstellen): richtig, negativ. Dann halt schnell zur Infektsprechstunde meines Hausarztes. Auf der Website Werbung für “Make peace not war!!!”. Voll dafür und Ziel erreicht: ich fühl mich erstmal noch schlechter, dass ich mich um meine niederen Belange kümmere. Ok, also nach Drogerie, Apotheke, Testzentrum und Supermarkt nochmal potentiell positiv mit Öffis fahren und den Prenzlauer Berg anstecken? Vier gewinnt, aber was kann ein ordentlicher Superspreader ohne Menschenmassen schon anrichten? Also ab in’s Gewühl. Vor Ort dann einen vorgedruckten Zettel in Empfang nehmen, worauf quasi steht, dass Aspirin gegen Kopfschmerzen helfen. Aha, danke. Nein, PCR gibt’s nicht, einfach quarantänieren. Ich hab so viele Fragen und: die Antworten stehen nicht mal im Netz bzw. ist die Recherche etwa so sinnvoll wie Beipackzettel auf Nebenwirkungen zu scannen. Also, woher weiß ich dann, ob ich jemals positiv war? Der Test eine Woche später für einen Genesenenbescheid wär dann ja auch mir überlassen. Soso. Naja, Pandemie ist ja auch zu Ende, was erwarte ich denn. Ok, also Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – großartig, ich liebe Deutschland und sein verhoben korrektes Bürokratismendeutsch, das genau niemandem hilft aber so einlullend gemanaged klingt/schreit. Na dann, Vier gewinnt, 5 verliert, machen wir sechs draus: ich beschließe nach der Arbeit noch auf eigene Tasche einen PCR-Test zu machen. Ich brauch die Gewissheit und will nicht nach halbgaren Alternativen googeln. Also Arbeit mit langsam aber sicher eindeutigeren Symptomen absolviert. Thermometer zeigt 36,8 36,1 35,7. Hmm, inverses Fieber, ich schalte schonmal die Heizung eine Stufe höher, könnte ja helfen. Es wird Abend, der Superspreader in mir hat sich noch nicht genug an den gentrifizierenden Monstern im Hipsterberg gerieben, also auf geht’s: runter zur Eberswalder. Kleiner Hinweis: ich beliebe natürlich zu scherzen (der Rest ist Ernst!). Alles wurde mit mit fest angezogener Maske (ok, Bart) und akrobatischen Ausweichmanövern bei kuschelbedürftigen Mitwölfen absolviert – sicher ein großartiger Anblick. Das Testzentrum bietet PCR-quickies (3h zur Auswertung) für 199,90€ an, gut zu wissen, dass es noch unter 200 bleibt. Für Leute ohne akuten Herzkasper gibt’s das auch für schmale 99,90€ in 24h. Ich entscheide mich dann aber doch für die durchstrukturierte Urlaubsplanervariante: 49,90€ bei 36h Rückmeldung. Berechnung: die müssen das eh gesammelt ins Labor schicken und bei dem aktuellen Andrang (geht gegen 0), langweilen die sich bestimmt und machen das im Gros früher klar. Jetzt aber ab nach Hause, der Kopf hat Wassermelonengröße und die Halsschmerzen sind zu einem Whisky+Cigar-Kratzen mit entsprechend erotisch-sonorer Grundlage mutiert. Den Rest des Tages tue ich Menschendinge. TAG 1 / DO – IN MEINEM MÜLLEIMER IST IMMER SOMMER Ah, es ist heute geworden, immer wieder eine Überraschung. Heute beschließe ich, das hier aufzuschreiben. Wo waren wir? Ach ja. Um sechs von der Sonne geküsst auf’s Smartphone geschielt: yup, Test ist durch. Aha, positiv, so sieht das also aus, rote Farbe und ich muss doch nochmal den Ct-Wert googeln. Hmm, ziemlich niedrig, das ist wohl was schlechtes, der innere Hypochonder hüpft befriedigt gegen die Kopfinnenwände. Na dann kann es ja jetzt konkreter werden. Konkret kann ich. Erstmal alles absagen: Arbeit, Konzert/Aufnahme, Pläne für den Urlaub nächste Woche. Schön, ich kann mich also Freitesten, 7 Tage nach Beginn, mindestens 2 Tage nach Symptomende. Natürlich auf eigene Kappe, sonst bekomme ich nicht den schönen Sticker im gelben Bonusheft und niemand wüsste je, dass ich Corona hatte. Obwohl: ich könnte auch 28 Tage warten und mit meinem ersten positiven PCR-Ergebnis eins bekommen – aber da ist halt noch Ostern vorbei und da muss ich irgendwie aus Berlin raus, sonst war der Urlaub einfach nur ein einziges Pamphlet für diesen Blog. Also erstmal Arbeit sortieren, Termine absagen, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (sic!) einscannen, an Arbeit schicken. Die Barmer-Website aufmachen zwecks Hochladen des Wischs für die Krankenkasse – ah ja, lang nicht gesehen: ist das noch Ihre Telefonnummer? Ja, ok, dann schicken wir Ihnen mal ne PIN per Post zu, damit Sie den Mitgliederbereich betreten können. Say what? Zweiter Faktor my ass? Ok, also Barmer-App installieren. Ah, willkommen bei der Barmer! Ach, gleiche Nummer aber neues Gerät? Na, wir schicken Ihnen mal eine PIN per Post zu, dann können Sie die App auch benutzen. Sonstige Kontaktmittel: ich kann einen Brief schreiben, den vor meine Wohnungstür legen, jemanden bitten, den einzusammeln (Hint: niemand versteht die Sprache des elektronischen Consierge). Aha, naja, das hat ja vermutlich Zeit – hoffe ich mal. Als Projektleider ist die Woche selbstflüsternd vorgeplant und es wurde vorgekocht, also Mittag ist vorhanden. Traurig? Praktisch! Aber irgendwie brauch ich grad Vitamine: dann doch schonmal auf Verdacht zwei Salate (Obst, Gemüse) vorbereiten, bevor die Symptome so richtig loslegen. Salatblätter abwaschen, Gurke halbieren, dünne Scheibchen … puh, erstmal hinsetzen? Naaaa, das schaffen wir. Und wenn ich mit zusammengefalteter Lunge irgendwann tot neben der Gurke aufgefunden werde: wie viel heroischer kann ein Tod bei Vollversorgung und westlichem Luxus schon sein? Nach dem Obstsalat fühle ich mich wie frisch gebackene 80, gerade die dritte Hüfte eingesetzt, Schrauben in den Knien, künstliche Brustwarzen, Arthrose im Ohrläppchen. Was mir noch auffällt: ich hätte gestern mal den Müll runterbringen sollen, hmmm. Plastikmüll geschenkt, hab grad kein Fleisch/Fisch aus Plastik verkocht, Schwein gehabt (oder gerade nicht … scnr.). Aber der Bio- und Restmüll. Wir haben hier ja alle Fußbodenheizung, was natürlich ein Traum ist. Nur eben nicht, wenn man darauf dann eine Küche setzt und die Abfallbehälter eben nicht im Hängeschrank an der Wand hat. Resultat: der Müll wird in kälteren Monaten schön von unten beheizt, was ihn zu einem wunderbar aktiven Kompost macht, voller sprießender Säfte, Fermentierung und sonstigen Zersetzungsvorgängen, die in meinen kleinen Abfallbehältern zu einem eigenen Klima führen (mit Wolken – und Wolkenbruch(!) – beim Öffnen des Deckels) und olfaktorisch ganz weit vorne sind. Soso, na dann. Mal schauen wer zuerst verliert, meine Nase, meine Freunde oder die Rücksicht auf eine durchgehende Quarantäne. Na dann setzen wir uns mal. Achja, Endorphine, da geht noch was. Erstmal shoppen: ah Rollenspiel mit durchschnittlich 1640 Stunden Spielzeit. Ja, das klingt für eine Woche Corona vernünftig realistisch: gekauft. Das neue Buch auf dem Couchtisch? Nee, kann ich mich grad nicht konzentrieren, Zocken ist super. Also Rechner an, Couch arretiert, Salate bereitgestellt, bloß nicht mehr aufstehen. Dann Monitor an, Controller in die Patschehändchen und: … puh, erstmal ein kleines Nickerchen. Aufwachen, uh, Kopf, Pharmazeutika aus dem bunten Strauß an lustig knisternden Plastikpackungen einwerfen, Controller an, Buch auf, ne besser doch nicht, umfallen schlafen. Kann man schon ein paar Mal machen. Aber irgendwann ist Sense, es fliegen Worte durch den Kopf, man findet eine Entschuldigung, die eigenen völlig normativen Gedanken anderen Menschen als interessant zu verkaufen ohne dabei Feuer auf die Charakterausprägung als mitleidsheischender Lieblingsnarzist zu werfen. Aber dann auch egal, einfach machen, runterschreiben, damit man ohne Worte im Kopf weiterschlafen kann. Den Rest des Tages: bitte weitergehen, hier gibt es nichts zu sehen. TAG 2 / FR – ARME RITTER IM MINIATURWUNDERLAND Die Nacht hatte es in sich. Zum Glück lagen 2 Garnituren Bettdecke/Kissen bereit. Ändert zwar nichts am Laken, das strategisch im Stundenwechsel auf der rechten und linken Seite bewässert wurde. Quasi ganzheitliche Bettwirtschaft mit regenerativer Brache. Nein, Wechseln des Lakens wäre rein energetisch keine echte Option gewesen und mangels Matratzenschoner aus rutschfestem Kautschuk (ohne Worte ;)) wäre das auch nur als würde man einen Schwamm auf ein Hochmoor werfen. Die nächtliche Arbeit am regenerativen Schweißanbau führt dann auch zu einer knackig kurzen Ruheperiode bis der Körper auf Suche nach einem besseren Klima doch wieder das trockene Sofa aufsucht. Währenddessen im Schlafzimmer alle Fenster aufreißen, kurzer Check auf die Wetterapp, ob heute Sonne rumkommt, um die ganzen abgeweichten Proteine und Mineralien während des Trocknungsprozesses in die Matratze zu backen und den Härtegrad dadurch vllt. zu erhöhen. Quasi arme Ritter in groß. Bitte gern geschehen: Kopfkino – Fluch und Segen. Der Tag hat erstaunlich wenig zu bieten: nach erfolgreicher Destabilisierung des Schlafrhythmus über die letzten beiden Tage ist man auch geistig vollständig im Nimbus des Zwielichts angekommen. Eine Stunde Zugfahrt durch’s Miniaturwunderland in Hamburg mit Riesenmenschen, die Riesenmasken tragen? Könnten 5 Minuten gewesen sein, ich hab sie wohl irgendwie körperlich versehentlich doch vollständig gesehen. Großartig: der dreiköpfige Affe der Projektierung ab 33:43 irgendwo in Knuffingen/Ösiland. Zwischendurch tagsüber noch Downsizing einlegen, dann reicht es auch mit dem Miniaturfable. Ansonsten sind wir im Zustand “Lesen der Werbemails im Posteingang” angekommen. Bzw. auf diese eine Mail antworten, die da schon 3 Wochen liegt und die 2 Newsletter einer Person aus dem letzten Jahr, die den schreibt, weil niemand mehr auf der Brückentechnologie Facebook ist, sie aber noch nicht auf die Brückentechnologie Instagram setzt. Sag ich mal so. Zwischendurch kurz im Hinterkopf, dass da mal was mit Sauerteig war. Nachdem der Sauerteig durch Corona im Mainstream angekommen ist und man sich aufgrund der sozialen Normierung nicht mehr schlecht fühlen muss, auf den Zug aufzuspringen, habe ich inzwischen 2 Päckchen Sauerteig im Kühlschrank. Aber natürlich seit 8 Wochen und ohne Ahnung, wie lange sowas lebt. Vllt ist er ja schon tot – aber wiederbelebbar? Beim aktuellen Klima im Schlafzimmer könnte ich ihn einfach mit etwas Mehl anfüttern und da reinstellen. Im schlechtesten Fall wird über die Atemluft der letzten Nacht ein neuer Hefepilz ansässig und lässt den totgeglaubten auferstehen. Quasi Zombiesauerteig mit Corona-Infusion für das Brot “danach”: stimuliert ihre T-Zellen, fördert aktiv eine Absenkung des Ct-Wertes und lässt sich hervorragend mit Joghurt mit linksdrehenden Biokulturen kombinieren. Was uns zum nächsten Thema bringt: sinnlose Dinge aus dem Internet. * Warum drehen Küchenmaschinen (Mixer, Pürrierer, Teigknetmaschinen) eigentlich im Uhrzeigersinn (nach rechts)? Waschmaschinen und Betonmischer wechseln schließlich auch mal die Richtung. * Etwas abgelegt aber immer wieder erheiternd (für den geistig kapazitiven Mittelstand): der Mythos um das Katzenkryptonit: die Salatgurke. * Kanaldeckel-Testmaschine aus Frankreich? Check. * Montageanleitung für Stützräder für Erwachsene (bzw. deren Fahrräder)? Läuft. * Englands (Verzeitung: GBs) Ukulelenorchester? Stimmig. * 10. Kreis der Hölle? Foren in denen Leute danach fragen, wie man Zimmerpflanzen der Mitbewohner:in effektiv und schnell tötet. Irgendwann mit fortschreitender Dunkelheit dann doch zurück zum frisch geshoppten Computerspiel. Nicht zocken bis der Arzt kommt, aber mittendrin statt nur dabei. Am Ende des Tages habe ich es trotz Nutzung eines Controllers und altersbedingt rückschreitenden Reflexen noch nicht nötig gehabt, den Schwierigkeitsgrad zu verringern. Ich klopfe mir geistig auf die Schultern und beschließe die Nacht mit weiteren Unwägbarkeiten. TAG 3 / SAMSTAG FRAMSTAG AKA SREITAG – FILZGLEITER ANYONE? Heute sollte alles anders werden. Sagt der Plan. Putzen, für ein Projekt Noten setzen, Schuhe nähen. Schuhe nähen bezieht sich auf ein Crowdfunding-Projekt für nachhaltige Sneaker aus Eigenproduktion. Hört sich an wie der Hipster, der am Wochenende seine eigenen Kartoffeln erntet und dafür noch extra Geld zahlt? Yup, genauso: die Idee klingt super, aber man hat auch dieses ungewisse Gefühl, dass sich jemand da ein goldenes Näschen verdient, indem die Kosten (bzw. die Marge) bei gleichzeitiger Kürzung der Produktionskette gesteigert werden, und man am Ende möglicherweise für die eigene Dummheit bzw. die fäustchenlachende Unterhaltung des Anbieters bezahlt. Aber hey, Leuchtturmprojekte in Bayern und so. Man möchte eben als Konsument ein Zeichen setzen, yadayadayada dingdong. Ach nein Mist, war doch nur Individualitätsdrang als verdeckter Mantel von Narzissmus, whatever. Zum Glück muss ich darüber nicht weiter nachdenken, denn heute ist definitiv nicht dieser Samstag. Vllt eher so ein Framstag oder Sreitag, irgendwas zwischen Freitag und Samstag, aber zumindest nicht der Tag, der im Kalender steht und eine körperliche Eignung für irgendwie geartete TODOs mitbringt. Heute wird definitiv geputzt und zwar sauber, gründlich und mehrfach: aber eher die Nase statt der Wohnung. Heute werden auch keine Noten gesetzt, es wird aber definitiv Bedarf nach bereits gesetzten und gespielten Noten zwecks Ablenkung geben. Und heute werden auch keine Schuhe genäht, mit denen ich in den nächsten Tagen eh nur in der eigenen Wohnung im Kreis laufen könnte. Aber ganz ohne etwas aussichtsreiches Neues darf der Tag nicht beginnen. Ich schiebe die Couch von der Leinwand zum Monitor. Veränderung ist so wichtig im Leben. Das Umstellen der Couch ist körperlich genau nur deswegen möglich, da die Couch ohne Teppich direkt auf den Dielen steht, aber selbstverständlich mit (Premium!-)Filzgleitern ausgestattet ist. Da zeigt sich wieder die langfristige Lebensplanung. Auch, so wichtig. Und natürlich, Filzgleiter. Allein das Wort: nicht nur Material in Funktion, nein. Eine sprachliche Verkostung, ein bildhaftes Versprechen, ein rhetorisches Stillleben in Wandlung. Ich sinniere kurz über die epische Trilogie des Filzgleiterimperiums, die jedes Mal nach ihrer Realisation schreit, wenn dieser Begriff den Raum betritt. Danke Schotty! Irgendwie ist heute Wetter. Die Sonne schiebt sich abwechselnd mit brennendem Interesse durch gewitterlastige Wolkenballen, es folgt Kurzregen in dicken Fäden, der sich im Hintergrund der Himmellandschaft unecht absetzt und gefühlt lokal begrenzt nur bis zu nächsten Straßenecke ankitzelt. Ich öffne die Fenster, lege mich unter einer Decke großflächig in das Licht und Schattenspiel, lausche dem verwirrt entrüsteten Vogelgezwitscher und stelle mir vor, draußen zu sein. Nicht notwendigerweise unter Menschen, sicher nicht, vielen Dank. Aber vllt. mit etwas Natur im Rücken und Frühlingsfrische im Kopf. Naja, nächste Woche dann wieder, wenn Gollum seine Höhle verlässt und zum Schicksalsberg schnelltestberlin.de wandert. Der Rest des Tages ist so aufregend und inspirierend wie die Idee einer Boutique für Nacktschnecken sein muss. Beim gestoppten Computerspiel bin ich inzwischen an dem Punkt angekommen, wo die spannende Einleitung durch ist, man ein Achtel der verfügbaren Spielkarte entdeckt hat, das Gefühl hat angenehm overpowered zu sein – um dann festzustellen, dass man das Ganze noch 7x so lang durchziehen muss, man beim ersten Schritt in die weitere Welt über dieses erste Achtel hinaus sofort stirbt und jetzt wieder mit Microfarming nach Erfahrungspunkten zubringen muss. Ausdauer. Naja, sind ja noch ein paar Tage. Unverhohlen aber vorsichtig flirte ich mit dem Schnittmuster für die Schuhe. Der Kühlschrank ist inzwischen leer. Also, bis auf die üblichen Verdächtigen, die da Stammgäste sind und ein Ei und ein Stück Butter. Ich überlege kurz, ob ich den Kühlschrank abschalten sollte, wieviele Stammgäste dann wohl ausziehen müssten (und vllt. sollten). Und was passiert, wenn man Butter und Eier in den Tiefkühler legt. Kann man tiefgekühlte Eier schälen, panieren und analog zu Eiswürfeln frittieren? Irgendwie ist die Idee, Eier mit Eipanade zu panieren ja doch auf den zweiten Blick pervers. Andererseits ist das auch nur wie Fleisch in Fleisch oder Weintrauben beim Weintrinken essen. Na, wir sehen schon, hier passiert heute nicht mehr viel, dann verabschieden wir uns einmal mehr in eine deckenumschlagene Nachtwache. Ab Tag 4 gab ich jeglichen ziviliserten Vorwand eines niederschreibbaren Umgangs mit Corona auf und rettete mich bis Tag 9 zum Freitest Schließen Kommentarfunktion für diesen Artikel geschlossen. Schreibkram SO LÄUFT DER HASE ... 16. NOVEMBER 2012 https://www.kopfgarn.de/images/5.png Crosspost aus der Hasenpost Einst lebten zwei Hasen, Knoppers und Theesen, trotz stets feuchter Nasen, zwei liebliche Wesen, nicht immer die hellsten, doch meistens die schnellsten Hasen ihres Weltenwinkels. Knoppi: Sag mein Herz, wie steht es denn, um unsern Möhrenvorrat. Wenn, es schlecht steht will ich schnell, zum Markte hoppeln und bestell, zwei Schober Möhren und dazu ein paar Salate, was meinst Du? Mehr Thees: Kind, wie soll ich es Dir sagen? Du weißt Salat schlägt auf den Magen, daher bitt ich Dich gar sehr, lass die Salate weg. Dafür bring einen dritten Schober heim, vom Möhrengold so frisch und rein. So ging dann Knoppers auf zum Markt und prüft die Möhren auf die Art, die nur das Hasenvolk versteht, und andere vor Fragen stellt wie wohl ihr Lebensalltag wär, hätten sie Geduld dafür und würden nicht Tag ein Tag aus verleben schlicht im Saus und Braus. Der Rückweg ward nun arg beschwerlich, da doch das Möhrengrün so herrlich duftet und zugleich die Last recht drückt im Hüftbereich. Da dachte sich die Knoppers bald, wer so viel buckelt wird nicht alt. Knoppi: Ich sollte eine Pause machen mich strecken und die Siebensachen noch einmal zählen und besehen ob mir beim Kaufe recht geschehen und nicht ein schlechtes drunter fällt, das mir die anderen vergällt. Sagte es, stellt ab und legt sich dann ein Stückchen ab vom Weg, ins hohe Gras, wo auch alsbald, was einst der Warenprüfung galt, in schlichtes Schlemmen übergeht, ganz ohne Maß und Eßgerät. Nunmehr gebeutelt, wenn auch leichter, schnallt Knoppers auf und ziehet weiter. Soll doch der Alte ihr nur klagen, vom Geld und anderer Haushaltsfragen, sie ist ja wohl noch seine Frau und weiß als solches recht genau dass er auch gern vom Kuchen nascht, den die Natur ihr mitgebracht. Von Ferne schon kommt ihr entgegen, der liebe Herr Gemahl. Verlegen - denn er sieht wie’s sich gestaltet, und dass der Vielfrass hier gewaltet, statt dieser lieblich roten Schönen, der er ist einst im Trunk erlegen, die nun die Hosen trägt im Hause und ihn vertreibt zur Hasenklause. Thees: Sag liebe Frau, Du kommst recht spät, hab mich geängstigt wie’s Dir geht. Doch scheint es mir, Du bist gar selig, und es dämmert mir allmählig, da doch Dein Pack recht leicht geschnürt, dass Völlerei Dich hat verführt, und trägst ganz nach Weibessinnen, die Köstlichkeiten lieber innen. Knoppi: Das hast mein lieber Herr Gemahl, Du recht erkannt, zumal, hab ich Dir etwas aufgehoben, das kannst Du nunmehr droben in Deinem Kämmerlein verspeisen, solang Du bist zu leisem Kauen fähig, denn ich werde nun, hierdrunt ein kleines Schläfchen tun. Morgen sollst Du dann alsbald, statt mir zum Markte schlendern. Halt Dich dabei nur recht streng am Wege, da ich Vertrauen in Dich lege, dass spätestens zur Mittagszeit, manch Möhrengold steht hier bereit. Thees: Leider hast Du heut verdrückt, was einen Winter hätt’ genügt. Igel und Dachs wolln nicht mehr borgen, wovon soll ich dann morgen das nächste Futter zahlen, sieh! Machst uns zum Bettelhasenvieh! Sprachs und ging zur Hasenklause, auf eine gut gehopfte Brause. Am nächsten Tag wurd resümiert, das Hasengut verkauft, sortiert und überführt vom schönen Wald ins karge Stadtgebiet. Sobald dort angekommen wurde jetzt die Käfigsuche angesetzt. Ein neues Heim zur Miete, klein, und ohne Extras musst’ es sein, damit auch fürderhin das Frauchen konnt ihrem Bauchgefühle lauschen. Und somit endet unsre Mär, ganz ohn Moral von ungefähr, wollt nur ein Beispiel euch hier geben, vom scheinbar süßen Hasenleben, und was draus werden kann, wenn man ne Frau wie Knoppers hat. Alsdann! Schließen Kommentarfunktion für diesen Artikel geschlossen. Schreibkram FRAGMENT EINES HEMMINGWAY.... 16. NOVEMBER 2011 _...rausches. Nur die Konversation im Mittelteil wird dem gerecht und ist hier aus dem Kontext gerissen aufgeführt. Mehr "Du bist schön, wenn Du noch halb verschlafen bist." "Nein, aufgequollen, aber dagegen gibt es Mittel." Sie mustert ihn von der Seite. "Du bist müde und hast Dich heute zu viel verausgabt. Ich werde Dir einen Martini holen." "Nein Schöne, bring mir einen Absinth, der Martini würde mich nur noch träger machen." Sie steht auf und geht mit leichtem Schritt zur Bar. "Eine Sünde, so schön und nutzlos zu sein. Meine Sünde ...", denkt er und taucht sinnend in sein Buch zurück. Das Geräusch des aufsetzenden Glases weckt ihn aus seinem Traum. "Ich habe mir auch einen Absinth geben lassen. Ich möchte heute gefährlich sein." "Du bist gefährlich. Gefährlich schön. Und nutzlos wie ich." "Nicht nutzlos, nur sinnlos. Denk nicht daran, schau mich an und sieh zu, wie ich gefährlich werde." "Aber das bist Du bereits." "Nicht gefährlich, nur gefährlich schön für Dich. Der Unterschied macht die Gefahr aus. Hast Du Angst?" "Ich denke nicht. Aber wissen werde ich es erst später. Möchtest Du gezähmt werden, wenn Du zu gefährlich wirst?" "Zähmen kann man nur, was wild ist, Gefahr muss nicht wild sein. Obwohl ich heute lieber eine wilde Gefahr sein möchte. Alles andere würde den Augenblick verderben." "Es ist Dein Augenblick und alles liegt in Deiner Macht." "Wenn es in meiner Macht läge, wäre es nicht schön und ich nicht gefährlich, siehst Du das nicht?" "Doch, Du hast recht. Ich werde Dich genießen wie ein voyeuristischer Meisterkoch ein unbekanntes Dessert in fremder Küche." "Lass uns darauf trinken, statt die Zeit in Worten zu vergeuden. Der Absinth wartet ungeduldig." Sie nimmt einen tiefen Schluck der milchig-grünen Flüssigkeit. "Lass uns die Gläser tauschen." Er zögert lächelnd. "Dein Glas ist jetzt gefährlich, Du klebst an ihm. Die Gefahr klebt daran." "Lass uns trotzdem tauschen, ich möchte das Du auf den Geschmack kommst." Er tauscht die Gläser, nippt sinnend an ihrem und schaut in die Ferne, das Glas zwischen beiden Händen drehend. "Deiner ist stärker. Wo möchtest Du heute essen?" "Hmmm, lass uns doch zum Strand in Sc..... fahren. Wo wir letzte Woche gebadet haben. Die Sonne geht bald unter, wir werden einen Korb mitnehmen, essen, trinken und vielleicht schwimmen gehen um den Tag abzuwaschen." "Was möchtest Du trinken? Lass uns einen trockenen Weißen mitnehmen. Ein dunkles Brot, salzige Butter, Lachs und Kaviar." "Du bist obszön. Ich freue mich darauf gefährlich zu werden und Du redest von Fisch und Kaviar am Meer. Zum Sonnenuntergang. Mit Weißwein. Nein, wir werden einen trockenen Roten trinken und uns etwas von der Soljanka abfüllen lassen. Wir werden in die untergehende Sonne schwimmen und hinterher in warmen Decken eingewickelt Rotwein und Soljanka genießen." "Du hast recht, ich war grob." "Und gemein." "Nicht gemein, nur gedankenlos. Lass uns trotzdem zur Soljanka ein gutes Brot mitnehmen. Brot ist sehr wichtig, wenn man am Meer zusammen ißt. Es ist ein Zusammenspiel von geradezu mystischer Größe." "Du wirst jetzt schon pathetisch, obwohl wir gerade einen romantischen Abend beginnen wollen? Das ist unfair, Du bist mir voraus." "Das liegt am Absinth. Das kalte Wasser wird mir gut tun, der Rotwein bringt uns wieder zusammen. Nimm noch einen Martini, während ich die Sachen packe und in der Küche Bescheid gebe." "Bis gleich. Sei nett zur Küche, ich glaube wir haben sie gestern etwas überfordert." "Das musst Du mir nicht sagen, ich bin immer herzlich zur Küche. Ohne sie wäre das Leben nur ein halbes. Ich würde bald anfangen Dir auf die Nerven zu gehen und Du müsstest ständig Auswege suchen, um meinen Hunger nach Geschmack zu befriedigen." "Du bist so selbstbezogen. Mir würde es ja wohl ähnlich, wenn nicht schlimmer gehen. Wir würden anfangen uns gegenseitig aufzuessen, erst vorsichtig und berechnend, später maßlos. Aber bevor es zu weit ginge, würden die Leute es mitbekommen und wir würden wegen öffentlich praktiziertem Kannibalismus verhaftet werden. Sie würden uns in eine Besserungsanstalt stecken, getrennt nach Männern und Frauen. Die Küche wäre miserabel und wir wären einsam und umgeben von Geschmacklosigkeit. Du bist grausam unbedacht mit Deinen Visionen. Geh in die Küche, sag nichts. Ich werde noch einen Martini trinken und dabei vergessen, was wir gesagt haben. Wenn alles fertig ist, komm wieder und überrasch mich mit meiner romantischen Strandidee." Schließen Kommentarfunktion für diesen Artikel geschlossen. Schreibkram DE BERNIERES - DER ZUFÄLLIGE KRIEG DES DON EMMANUEL 25. NOVEMBER 2009 https://www.kopfgarn.de/images/12.jpg Dieses Buch ist der erste Teil einer Trilogie und handelt von grausamen und urkomischen Begebenheiten in einem diktatorisch regierten südamerikanischen Land. Der Roman behandelt dabei so viele Einzelschicksale und erzählt so viele Geschichten, dass es schwer ist auch nur ansatzweise eine Inhaltsangabe zu liefern. Mehr Die Charaktere sind überdeutlich gezeichnet und sämtlich mit einem großen Schuß Humor ausgeführt. Das ändert jedoch nichts an den grausigen Begebenheiten, die in diesem Werk (von der Realität schweigen wir mal) von Statten gehen. Man ist wörtlich hin und hergerissen, wenn man in einem Kapitel Tränen lacht, um im nächsten bleich und mit erstarrter Fratze ein weiteres Massaker mitzuerleben. Um niemanden mit einer solchen Aussage im Regen stehen zu lassen, sei hier die offizielle Zusammenfassung des Buches abgedruckt: "Eigentlich ist es nur eine Laune, als die hochmütige Dona Constanza anordnet, den Fluss, der einen kleinen Ort in Lateinamerika mit Trinkwasser versort, umzuleiten, um einen Swimmingpool mit Wasser zu füllen. Angeführt von Don Emmanuel widersetzen sich die Dorfbewohner mit List und Tücke. Schließlich greift das Militär ein, un nur im Schutz geheimnisvoller Karten gelingt es den Bewohnern, sich in den Dschungel zu retten." Fazit: Hochgradig lesenswert - mit Suchtpotential :) Schließen Kommentarfunktion für diesen Artikel geschlossen. Medien GELDBÖRSENMASSAKER 16. NOVEMBER 2009 Es sollte ein ganz normales Weihnachten werden, das war beschlossene Sache. Jedenfalls für Chausette. Chausette hatte gerade ihre liebste Geldbörse völlig uneingenützig einem bedürftigen Mitwolf geschenkt und damit waren die Geschenke jetzt jedenfalls kein Thema mehr. Gut, besagter Bedürftiger hat es sich nicht nehmen lassen, zuvor ebenso uneigenützig Chausettes Fahrrad umzustoßen, um ihr dann mit einer dankbaren Umarmung wieder aufzuhelfen, bei welcher sich das Portemonnaie spontan aus Chausettes Rocktaschen verflüchtigte und sich ohne viel Umstände in der Hosentasche des rücksichtsvoll Umarmenden wiederfand. Nun, die Wege einer Brieftasche sind unergründlich und man sollte Fahrräder nicht allein aufgrund der Tatsache verurteilen, dass sie nicht selbständig auf zwei Rädern stehen können. Die Situation wirkte nur im Nachhinein betrachtet etwas merkwürdig, da der Bedürftige nach dem Aufstellen von Weihnachtsmutter Chausette ganz plötzlich sämtliche lauffähigen Körperteile zusammenraffte und sich im Eiltempo Richtung Park trollte. Mehr An dieser Stelle ist es wohl angebracht, ein Wort zur Geschwindigkeit von Trollen zu verlieren. Trolle sind grundsätzlich sehr gemütliche Zeitgenossen - jedenfalls solang sie einen aufgeschlitzten Fisch mit herausquellenden Gedärmen von sich haben. Sind Trolle jedoch einmal ohne Gedärme unterwegs und bewachen nicht gerade eine strategisch uneinnehmbare Brücke, so sollte doch jegliches Lebewesen mit mehr als einem Bein Vorsicht walten lassen. Die Tatsache, dass Trolle nicht auch Flamingos mit eingezogenem Flugbein verzehren ist der menschlichen Wissenschaft bis heute ein ungelöstes als auch dankbares Rätsel, windet sich doch jeder Troll beim Anblick eines solchen gefiederten Einbeiners alsbald mit grunzenden Lauten auf dem nächstgelegenen Boden und hält sich in krampfhaften Zuckungen den Bauch, während das Gesicht, also die Schnauze, bzw. das unförmige obige Körperende immer röter wird und der Troll mit der Pranke, welcher er nicht zum Bauchhalten verwendet, rhythmisch auf den Boden schlägt. Dieser Zustand lässt sich allgemein erst durch Entfernen des Flamingos aufheben. Eben dieser Umstand ist es dann auch gewesen, welcher zu Zeiten der großen Trollkriege die Menschen vor ihrer Vernichtung bewahrt hat, denn: Trolle können wirklich schnell rennen, wenn es gerade keine herumliegenden Gedärme, zu bewachende Brücken oder einbeinige Flamingos in ihrer Nähe gibt. Davon abgesehen konnte noch nicht bewiesen werden, dass Trolle so etwas wie Humor haben und zum Lachen fähig sind. Nunja, die menschliche Wissenschaft beschäftigt sich in ihrer ganzen Perfektion doch manchmal recht unintuitiv mit mancher Problematik. Nachdem besagter Mitwolf und neugebackender Brieftascheninhaber sich also gen Park getrollt hatte, konnte sich Chausette nunmehr voll auf das Essen für ihre Kinder konzentrieren, ohne weitere Gedanken an Geschenke verschwenden zu müssen. Es sollte also ein recht normales und entspanntes Weihnachten werden. Nun, normal natürlich nicht im Sinne von Clara, Chausettes jüngster Tochter. Für Clara sollte dieses Weihnachten natürlich das schönste Weihnachten in der Geschichte der Menschheit werden. Schließlich war Clara gerade 6 geworden und wenn man ein sechs Jahre altes Mädchen mit roten Zöpfen ist, hat man durchaus ein Anrecht auf das beste Weihnachten seit Menschengedenken. Für klein Clara bestand ein außerordentliches Weihnachten grundlegend vorerst aus einer unermeßlichen Anzahl von Geschenken und in diesem speziellen Fall aus dem Plan, das Christkind auf frischer Tat zu ertappen. Die letzten Jahre hatte sie schon vergeblich versucht, des Christkindes habhaft zu werden, aber es schien einfach zu flink zu sein, weswegen Clara die letzten zwei Jahre fleißigst mit Wachsen verbracht hatte. Clara hatte nämlich die Vorstellung, dass das Christkind unglaublich große Beine besitzen müsse, wenn es sich innerhalb der zwei Sekunden zwischen dem Läuten der Glocke und dem forschen Eindringen der adrenalingepeinigten Kinderkörper in das Wohnzimmer so schnell verdrücken konnte. Die Möglichkeit, dass das Christkind fliegen könne oder sich irgendwelcher anderer unlauterer Tricks bediene, schloss Clara kategorisch aus. Schließlich war Clara schon erwachsen, wußte wie die Welt funktionierte und erwartete selbiges natürlich auch von allen grundanständigen geschenkbringenden Christkindern. Und gerade aus diesem Grund war es Clara auch klar, dass Mutter Chausette in den letzten Jahren immer nur wenig vom Christkind kredenzt bekommen hatte, was sie als liebende Tochter recht empfindlich verletzte. Aus diesem Grund hatte sie auch bereits fleißig das ganze Jahre Altpapier und Flaschen gesammelt und gegen Bares eingetauscht. Davon abgesehen hatte sie den streunenden Hund des Nachbarn einfangen lassen und gegen 3 kleine Kätzchen getauscht, welche sie an zwei einsame ältere Damen in der Nachbarschaft gab, wofür sie 3 Kartenspiele, 2 Messingleuchter und einen warmen Vorlegeteppich in Empfang nahm, welche wiederum auf dem allsonntäglichen Flohmarkt in weiteres Bargeld umgemünzt werden konnten. Obwohl sich Clara beinahe verraten hätte, als ihr Nachbar bei ihrem Stand vorbeikam, um sich bei ihr zu erkundigen, ob sie seinen Streuner heute schon irgendwo gesehen habe. Doch Clara wußte um die Vorlieben des nicht immer leisen Nebenmieters, hatte in Musestunden im mütterlichen Wirtschaftsblatt gestöbert, ahnte ganz intuitiv, wie sie sich zu verhalten hatte und verkaufte ihrem neuen Kunden denn auch prompt den dicken Vorlegeteppich für seinen vierbeinigen Liebling zu Weihnachten. Chausettes Sohn, Eduard, etwas jünger noch als Clara, begnügte sich während der Streiftouren seiner Schwester damit am Schreibtisch zu sitzen und zu malen. Eduard war seit einem halben Jahr vier und trug gerade nicht - wie vom Arzt verordnet - die große Hornbrille, welche in ihrer Stärke wohl dem rosenverzierten gläsernen Aschenbecher seiner Mutter Konkurrenz gemacht haben könnten. Eduard liebte es ohne seine Brille durch die Wohnung zu streifen und empfand es als höchsten Genuß die Gegenstände der Wohnung mit Füßen, Kopf und Ellenbogen auf ihre Stoßempfindlichkeit und Spitzwinkligkeit zu überprüfen. Momentan war Eduard jedoch langweilig zumute und er hatte beschlossen aufgrund mangelnden Kapitals ein Bild für Mutter als auch Schwester zu zeichnen, wobei er gelegentlich minutenlang gedankenverloren aus dem Fenster schaute und den gerade aktuellen Farbstift als Beißholz mißbrauchte. Eduard war innerlich eigentlich gar nicht zum Malen geneigt, empfand dies jedoch als angenehme meditative Abwechslung zum bisherigen Tagesverlauf. Er war heute zum wiederholten Male von seiner Schwester gezwungen worden, das Kinderzimmer in kleine Bereiche abzutrennen, welche in ihrer Gesamtheit die Wohnung einer gutbürgerlichen Familie darstellen sollten - vorausgesetzt diese Familie hat nichts gegen fehlende Türen, Wände über welche man hinwegsehen kann und todbringende Kuscheltierheerden auf sämtlichen Einrichtungsgegenständen. Man könnte daraus schließen, dass Eduard frustiert war, was jedoch nicht ganz der Wahrheit entsprach: Eduard war vier, hatte noch keine genaue Vorstellung von Frustration, sondern kaute nur hingebungsvoll auf seinem Farbstift herum, schaut aus dem Fenster und stellte sich den gegenüberliegenden Park als flammendes Inferno vor, dessen lautes Prasseln und Knacken nur gelegentlich von einem heiseren Todesschrei oder in Blut ersticktem Gurgeln unterbrochen wurde. Auch Eduard hatte Pläne mit dem Christkind, jedoch musste er sich auf wesentlich konkretere Maßnahmen als das einfach Wachsen beschränken, da er in dieser Hinsicht wohl noch in den nächsten 2-3 Jahren seiner Schwester unterlegen sein würde. Daher hatte sein kindliches Gemüt bereits ausufernde Pläne geschmiedet, welche vorwiegend mit Fallstricken, messerbespickten Gruben und Giftpfeilen zu tun hatten. Aufgrund der ungenügenden Unterstützung seiner Vorhaben durch das Elternhaus sowie fehlender Materialien begnügte er sich jedoch auch für die nächsten Stunden mit dem Malen für Mutter und Schwester. Das Weihnachtsfest rückt näher und die vorfestliche Stressanhäufung neigt sich ihrem Höhepunkt entgegen. Clara hat sämtliche Geschenke beisammen und schwitzt und zittert nun ob der Wahl der richtigen Schleifenfarbe für die Geschenkverpackung, Eduard überkommen Magenkrämpfe aufgrund zu übermäßigem Stiftkonsums und Chausette steht in der Küche und flucht ob der ungelückseligen Dorfgans, welche innerhalb der letzten Stunde wohl zu tief ins Bratenrohr geschaut und sich einen mittelschweren Sonnenbrand zugezogen hat. Doch obgleich des Chaoses in Küche, Kindermagen und Farbpalette waren doch beide Kinder entsetzt festzustellen, dass die Wohnzimmertür noch immer offenstand. So etwas hatte es noch nicht gegeben! Was nun, wenn das Christkind zu früh kam und die Wohnzimmertür offen vorfand? Würde es sich langweiligerweise einfach ergeben oder noch schlimmer, von außen die Gefahr wittern und gar nicht erst in die traute Gemützlichkeit des kachelofenbeheizten Familienzentrums Einzug halten? Schon erscheinen zwei gerötete Kindergesichter im Türrahmen der Küchentür und versuchten möglichst kindlich fragend und mitleidig das gansfokusierte, in den letzten tausend Jahren undokumentierte Verwünschungen ausstoßende Mütterlein vorsichtig auf diesen unmöglichen Zustand hinzuweisen. Doch Weihnachtsmutter Chausette begnügte sich damit nur schroff zu entgegnen, dass das Christkind dieses Jahr freihabe und statt dessen der Weihnachstmann zu Besuch käme. Er würde schon rechtzeitig an der Wohnungstür klingeln, sobald die Zeit gekommen sei. Entsetzen. Ungläubigkeit. Der Weihnachstmann? Ein Mann soll mit den Kindern Weihnachten feiern und die Geschenke bringen? Das ist zuviel des Guten! Spontan zerplatzen Eduards Träume als eine imaginäre harte Männerhand seine Fallstricke kappt, mit schweren Stiefeln und großen Schritten die messerbespickten Gruben übersteigt und die Giftpfeile (eigentlich nur mit Rattengift gespickte Zahnstocher) spöttisch aus dem Unterschenkel zieht, weil die Schußvorrichtung zu niedrig angebracht ist. Clara windet sich in Weinkrämpfen als sie feststellt, dass sie ein weiteres Jahr auf das Christkind warten muss, welches ja bis dahin auch größer werden wird! Ausserdem sollen all ihre schönen Geschenke in einen Sack mit denen der anderen Familienmitglieder gesteckt werden. Da müssen dann ja noch Namensschilder ran! Farbige! Vom Christkind hat sie bisher jedes Jahr ein süßes Kuscheltier bekommen, Tiger, Katzen, Pantherbabys in himmelblau, wolkenrosa oder mintgrün. Dieses Jahr wird es dann wohl ein graues Wildschwein oder eines dieser häßlichen braunen Kiwis werden. Fahl und traurig sitzen die Kinder schließlich vor dem dampfenden Ganskadaver, welcher trotz drittgradiger Verbrennungen recht stattlich auf dem reichgedeckten Festmahlstische thront. Doch auch der mit Ananas gespickte Rotkohl will dieses Jahr nicht so recht munden und die geschmeidigen Klösse suchen heute vermehrt den Weg in Luft- statt Speiseröhre. Schließlich klingelt es und alles erstarrt. Während die Kinder sich im Türrahmen verstecken und vorsichtig um die Ecke lugen, öffnet Mutter Chausette nach erneutem Klopfen und bedrohlichem HoHoHo die Tür und begrüßt etwas verduzt den Weihnachtsmann. Das es ein Mann ist merken die Kinder sofort. Er ist groß, bewegt sich ungelenk auf seinen dickwandigen Beinen. Die Hinterpranken mit wollenen Socken verpackt in zwei gefütterte Stiefel versenkt, wankt er in die Wohnung, schaut glasig und mit unbestimmtem Gesichtsausdruck in die erstarrten Kinderfratzen. Er beugt sich vor und es wird klar, dass es nicht nur seine Stiefel sind, die etwas anrüchig in der Luft liegen. Als er den Kindern seine Eröffnungsrede bar jeder Kunstform zusammen mit zwischen 10 und 50 Gläsern Jack Daniels ins Gesicht schleudert, können diese auch einen genauen Blick auf seinen Rauschebart werfen und wissen nicht, was sie mehr faszinieren soll: Die gewundene Körperform dieses Lebewesens irgendwo zwischen Backapfel und Bratbirne, welche sich vornübergebeugt nur mit dem matschverklebten Sack als Gegengewicht noch aufrecht zu halten vermag und dabei auf wankenden Beinen einen Stabilisierungstanz im Stille der russischen Volksweisen aufs Parkett legt oder die übermächtige Präsenz eines weißen Meeres aus Watte, welches leicht verfranst und getränkt mit unterschiedlich farbigen Flüssigkeiten und bestückt mit kleinen Ausgaben unterschiedlicher Gansfüllungen an ausgeleiherten Gummizügen haltend vom eigenen Gewicht heruntergezogen aus dem Gesicht jenes Lebewesens auf sie herabschaut. Die Kinder handeln, abrupt und gleichzeitig. In verschmitzten Kinderaugen spiegeln sich kleine, schnell wachsende Flammen als der Bart unter Anleitung von Eduards Händen und der Zuhilfenahme einer immer präsenten Schachtel Streichhölzer anfängt Feuer zu schlagen. Doch das Feuer hat es schwer sich in die mittleren Gesichtsregionen auszuweiten, schießt doch an eben jener Stelle ein weihnachtlich roter Blutstrahl aus der männlich plattgedrückten Nase - genau da wo Clara eine ihrer langen Haarnadeln mit einem wilden Aufschei in den lebenden Bratapfel versenkte. Die russische Volksweise wandelt sich in einen schnellen Walzer als der Weihnachtsmann sich gellend schreiend um die eigene Achse aus der Wohnung dreht, dabei mit den ebenfalls am Rand wattierten und kurzeitig später aufleuchtenden Handschuhen versucht, den Brand zu löschen, gegen die Tür des Nachbars prallt, über die "Willkommen" Fußmatte stolpert und sich kopfüber mit Armen, gleich Engelsschwingen ausgebreitet den Treppen darbietet. Hierzu muß gesagt werden, dass es sich gerade um jene Treppen in Altbauten handelt, welche nicht mit Teppich bedeckt sind und an deren Stufenrändern das Holz zum Schutz mit scharfkantigen in der Struktur längstseitig gerillten Eisenbeschlägen verziert ist. Ebenso sei dem Kenner eines solchen Treppenhauses unlängst das am Ende jedes Zwischengeschoßes befindliche Fenster ins Gedächtnis gerufen. Eben dieses Fenster bietet Kindern manigfalltige Kurzweil, wenn es darum geht im Sommer Passanten des darunterbefindlichen Gehsteigs mit Mehl- oder Wasserbombem aus Eigenproduktion zu erfreuen, ohne sogleich die für derartige Spiele verantwortliche Mietpartei preizugeben. Nachdem unser momentaner Hauptakteur gesichtsseitig an mehreren eisenbeschlagenen Stufen Anteil genommen und sich die Haarnadel vollends in den Hirnkasten versenkt hat, verlangt die Schwerkraft ihren Preis, die Beine fliegen hintüber, überholen den Oberkörper und es kommt zu einer rollenden Bewegung des blutig feurigen Bündels gleich einem salto mortale. Schließlich prallen Bein und Unterköper gegen die Wand des Zwischengeschoßes und stoppen die Bewegung. Der Kopf durchschlägt das Fenster und unser Weihnachstmann hält in Büßerstellung mit gesenktem Kopf einen Moment inne, bis die restlichen Stücke des eingeschlagenen Fensters in der Fassung von oben nachsacken und seinen Kopf fixieren. Er zittert noch kurz und beschließt sein Leben, während die Flammen sich ungehindert auf sein eigentliches Haupthaar ausbreiten. Zurück bleibt auf einer der unteren rot besprenkelten Stufen eine Geldbörse, welche der von Weihnachtsmutter Chausette erstaunlich ähnlich sieht. Erschreckend eindeutig ähnlich sogar. Eigentlich könnten es Zwillingsportemonnaies sein. Nach allgemeinem Verständnis sind Portemonnaies ja grundsätzlich vom Paarungstrieb ausgenommen, was sie auch zu recht zufriedenen und ausgeglichenen Zeitgenossen macht. Man kann sich auf sie setzen, sie in die dunkelste und stickigste Ecke einer Handtasche legen, sie ohne zu fragen mit ästhetisch unanständigen oder höchst fragwürdigen Familienfotos ausstatten oder sie nach jahrelangem Gebrauch einfach in eine Mülltonne werfen ohne sich Gedanken um ihre mentale Verfassung machen zu müssen. Dessen ungeachtet liegen jedoch auch Aufzeichnungen vor, nach welchen Portemonnaies unter sich, z.B. auf Wühl- und Krabbeltischen einschlägiger Kaufhäuser, bisweilen zur scheinbaren Vervielfältigung neigen, Protestaktionen unter ihren Mitportemonnaies anleiten und allgemein zur Störung der öffentlichen Portemonnaieordung aufrufen. Wie auch immer, da für unsere mode- und individualitätsbewußte Weihnachtsmutter keine Massenware von Krabbeltischen in Frage kommt, muß eben diese Geldbörse wohl aus anderen Gründen dem verloren geglaubten Kind so ähnlich sehen. Aber praktisch wie Mutter Chausette ist, fragt sie nicht lange, woher das göttliche Manna fiel, sondern steckt es sich in den Mund, respektive in die eigene Rocktasche zurück. Clara und Eduard gehen diese Nacht befriedigt ob des darbietungsreichen Abends in ihre Betten, in dem Wissen, einem unwürdigen Vertreter des Christkindes den Garaus gemacht zu haben. Vielleicht bekommen sie dafür nächstes Jahr größere Geschenke. Und wenn nicht, muß man eben nachhelfen und kann gleichzeitig einen Blick hinter die Kulissen werfen: Wenn Weihnachtsmann und Christkind nicht mehr sind - was kommt danach? Schließen Kommentarfunktion für diesen Artikel geschlossen. Schreibkram 8BFA 85B1 617A 92CC FD9B 9F29 F23D 4453 708E BEB4 Impressum