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Weltkriegsbomben auf der Baustelle 02.08.2023, 13:15 Uhr


BAUVERTRAG: WENN KAMPFMITTEL DEN ZEITPLAN SPRENGEN

In Deutschland gibt es viele Bereiche, die im Zweiten Weltkrieg Schauplatz von
Kampfhandlungen waren. Dort verbliebene Kampfmittel, insbesondere Blindgänger,
sind bei weitem nicht vollständig erfasst, geschweige denn geräumt.

Foto: panthermedia/discovery (YAYMicro)

Die VOB/C sieht in DIN 18 299, 0.1.18 vor, dass Bestandteil der
Leistungsbeschreibung eine Bestätigung sein soll, dass die im jeweiligen
Bundesland geltenden Anforderungen zu Erkundungs- und gegebenenfalls
Räumungsmaßnahmen hinsichtlich Kampfmitteln erfüllt wurden. Es ist Sache des
Auftraggebers, dafür Sorge zu tragen, dass Kampfmittelfreiheit besteht. Diese
Frage ist dem Baugrundrisiko zuzurechnen, das regelmäßig der Auftraggeber als
derjenige zu tragen hat, der die Baumaßnahme auf dem bestimmten Grundstück
vorsieht. Er ist zugleich im ordnungsrechtlichen Sinne Zustandsstörer im
Hinblick auf etwaige Kampfmittel.

Diese Regelung soll Auftraggeber zwingen, im Vorfeld eine
Kampfmitteluntersuchung durchzuführen. Dies bedeutet zunächst, dass der
Auftraggeber sich darüber zu informieren hat, ob ein Kampfmittelverdacht
besteht. Dies hat bei der im jeweiligen Bundesland damit betrauten Behörde zu
geschehen, die nach Auswertung entsprechender Unterlagen eine Bescheinigung über
die Kampfmittelfreiheit ausstellt. Diese Bescheinigung steht immer unter dem
Vorbehalt, dass damit eine Garantie für eine Kampfmittelfreiheit nicht gegeben
ist. Der Auftragnehmer kann – auch im Sinne arbeitsschutzrechtlicher
Vorschriften – bei Vorlage einer solchen Bescheinigung grundsätzlich von
Kampfmittelfreiheit ausgehen. Mit einer solchen Bescheinigung erfüllt auch der
Auftraggeber seine Verpflichtung im Sinne der DIN 18 299, 0.1.18.





KAMPFMITTELFREIHEIT OFT NICHT BESTÄTIGT

In vielen Fällen wird eine entsprechende Bescheinigung aber nicht erteilt, weil
nach Auswertung der vorhandenen Unterlagen der Verdacht von Kampfmitteln im
Baugrund besteht. Dann müssen zusätzliche Sondierungen erfolgen und
gegebenenfalls Beräumungen vorgenommen werden. Dies ist Sache des Auftraggebers.
Wenn die Bescheinigung über die Kampfmittelfreiheit von der zuständigen Behörde
nicht erteilt wird, kann eine Bestätigung im Sinne von DIN 18 299, 0.1.18 nur
aufgrund weiterer Maßnahmen erteilt werden. Eine Eigenbestätigung des
Auftraggebers genügt nicht. Das gilt auch, wenn der Auftraggeber selbst die
zuständige Ordnungsbehörde ist. Die Bestätigung muss von einem konzessionierten
beziehungsweise beauftragten Spezialunternehmen ausgestellt werden.

Werden – gegebenenfalls trotz erfolgter Bescheinigung oder Bestätigung – dennoch
Kampfmittel gefunden, handelt es sich um eine im Risikobereich des Auftraggebers
liegende Behinderung des Auftragnehmers nach Paragraf 6 Abs. 2 Nr. 1a VOB/B. Der
Auftragnehmer kann aus diesem Umstand einen Anspruch auf Bauzeitverlängerung und
gegebenenfalls Anspruch auf Mehrvergütung/Schadensersatz geltend machen.


WAS TUN, WENN KAMPFMITTEL GEFUNDEN WERDEN?

Für den Fall, dass unvermutete Hindernisse angetroffen werden, trifft etwa
DIN 18 300, 3.1.6 entsprechende Regelungen: Grundsätzlich ist der Tatbestand dem
Auftraggeber mitzuteilen. Auftragnehmer und Auftraggeber legen gemeinsam die
erforderlichen Leistungen fest. Ist zu vermuten, dass es sich bei den
Hindernissen um Kampfmittel handelt, sind die Arbeiten sofort einzustellen. Der
Auftragnehmer muss die nach Landesrecht zuständige Stelle sowie den Auftraggeber
benachrichtigen. Zudem sind unverzüglich notwendige Sicherungsleistungen zu
erbringen. Diese, und die danach erforderlichen Leistungen, sind ausdrücklich
„Besondere Leistungen“, also gesondert zu vergüten. In der Mitteilung an den
Auftraggeber dürfte zugleich eine Behinderungsanzeige und eine Bedenkenanmeldung
zu sehen sein.




Es ist Sache des Architekten oder Ingenieurs, den Auftraggeber über die
Kampfmittelproblematik zu beraten. Dies ergibt sich aus einem Urteil des
Oberlandesgerichts Hamm vom 18.5.2021 – 24 U 48/20. In dem entschiedenen Fall
war das Objekt bereits errichtet, als die zuständige Behörde eine
Kampfmitteluntersuchung forderte. Der Auftraggeber beanspruchte nun von seinem
Planer Schadensersatz für die Mehrkosten, die aus der nachträglichen
Kampfmittelsondierung entstanden. Das Gericht geht davon aus, dass der
(Objekt-)Planer spätestens im Rahmen der Leistungen der Leistungsphase 2
verpflichtet gewesen sei, den Auftraggeber über die Kampfmittelproblematik zu
beraten und die Stellung eines Antrags auf Kampfmittelüberprüfung anzuregen.
Meines Erachtens dürfte diese Frage bereits zu den Leistungen der
Leistungsphase 1 – Beraten zum gesamten Leistungsbedarf – gehören. Der Planer
kann sich nicht darauf berufe, dass aufgrund der Baugenehmigung oder eines
Baugrundgutachtens die Kampfmittelfrage geklärt sei.

Nach der allgemeinen Abgrenzung zwischen Grund- und Besonderen Leistungen
handelt es sich bei Leistungen im Zusammenhang mit Kampfmitteln jedenfalls nicht
ohne weiteres um Grundleistungen, da diese nicht im Allgemeinen zur
ordnungsgemäßen Erfüllung des Auftrags erforderlich sind (Paragraf 3 Absatz 1
HOAI 2021). Die Planung, Ausschreibung und Überwachung eines Bauvorhabens
erfordert nicht per se eine Kampfmitteluntersuchung. Diese ist vielmehr nur
(ausnahmsweise) dann erforderlich, wenn ein Kampfmittelverdacht besteht. Auch
wenn das in bestimmten Bereichen (vor allem in Großstädten) nicht selten der
Fall ist, ist es eben nicht der Regelfall, den die HOAI für Grundleistungen
voraussetzt. Dementsprechend wird vertreten, dass die Stellung des Antrags auf
Kampfmittelüberprüfung als „Besondere Leistung“ einzuordnen sei (Zahn, IBR 2022,
193).



Von Dr. Reinhard Voppel, Rechtsanwaltskanzlei Osenbrück, Bubert, Kirsten,
Voppel, Köln



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