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Provenienz
de
en

 * Forschung
   * Fragen an Inspector Provenance
     
     
     FRAGEN AN INSPECTOR PROVENANCE
     
     Provenienzforschung – die Untersuchung früherer Eigentumsverhältnisse eines
     Kunstwerks oder Kulturgegenstands – gehört zu den Kernaufgaben des Museums.
     Erforscht wird die „Biografie“ eines Kunstwerks vom Zeitpunkt seiner
     Entstehung bis zum heutigen Tag. Der Weg von einem Besitzer zum anderen
     soll Schritt für Schritt nachvollzogen werden.
     
      * Warum werden die Provenienzen von Kunstwerken erforscht?
      * Welche Schwerpunkte gibt es in der Provenienzforschung?
      * Was wird im Museum für Kunst und Kulturgeschichte erforscht?
      * Was ist ein verfolgungsbedingter unrechtmäßiger Entzug?
      * Wohin kamen die entzogenen oder geraubten Kulturgüter?
      * Was geschah nach dem Zweiten Weltkrieg?
      * Was ist eine Restitution?
      * Konnten die Eigentumsverhältnisse wieder hergestellt werden?
     
     
     * Warum werden die Provenienzen von Kunstwerken erforscht?
       
       
       WARUM WERDEN DIE PROVENIENZEN VON KUNSTWERKEN ERFORSCHT?
       
       Als Disziplin hat sich die Provenienzforschung nach der „Washingtoner
       Konferenz über Vermögenswerte aus der Zeit des Holocaust“ (1998) und den
       daraus hervorgegangenen elf „Washingtoner Prinzipien“ entwickelt.
       Beschlossen wurde unter anderem die Identifizierung von Kunstwerken, die
       von den Nationalsozialisten beschlagnahmt und in der Folge nicht
       zurückerstattet wurden. Sollte ein Eigentümer von Kunstwerken, die durch
       die Nationalsozialisten beschlagnahmt und in der Folge nicht
       zurückgegeben wurden, oder dessen Erben ausfindig gemacht werden, sollen
       rasch die nötigen Schritte unternommen werden, um eine gerechte und faire
       Lösung zu finden.
       
       
     * Welche Schwerpunkte gibt es in der Provenienzforschung?
       
       
       WELCHE SCHWERPUNKTE GIBT ES IN DER PROVENIENZFORSCHUNG?
       
       Aktuell gibt es in Deutschland vier verschiedene Forschungsschwerpunkte:
       
        1. Kulturgüter, die in der NS-Zeit enteignet oder geraubt wurden. Es
           handelt sich um Gegenstände aus dem Besitz von NS-Verfolgten und um
           Kriegsbeute aus den besetzten Ländern,
        2. Kulturgüter, die in der SBZ bzw. in der DDR unter Zwang entzogen
           wurden,
        3. Kulturgüter, die während der Kolonialherrschaft in Übersee erworben
           wurden und
        4. Kultobjekte oder menschliche Überreste, deren Herkunft und
           öffentliche Ausstellung problematisch ist.
       
       
     * Was wird im Museum für Kunst und Kulturgeschichte erforscht?
       
       
       WAS WIRD IM MUSEUM FÜR KUNST UND KULTURGESCHICHTE ERFORSCHT?
       
       Im Fokus stehen grundsätzlich alle Kunstwerke, die vor 1945 entstanden
       und nach 1933 erworben worden sind. Maßgeblich ist dabei die Frage, ob
       eventuell ein NS-verfolgungsbedingter, unrechtmäßiger Entzug vorliegt und
       wenn ja, wer der rechtmäßige Eigentümer des Objekts ist.
       
       Dazu ist eine intensive Auseinandersetzung mit den Kunstwerken und eine
       systematische Aufarbeitung des Quellenmaterials notwendig. Mitunter
       dauert es Jahre, bis die Herkunft eines Objektes lückenlos geklärt ist.
       
       
     * Was ist ein verfolgungsbedingter unrechtmäßiger Entzug?
       
       
       WAS IST EIN VERFOLGUNGSBEDINGTER UNRECHTMÄSSIGER ENTZUG?
       
       Jüdische und regimekritische Personen und Organisationen erfuhren im
       NS-Staat einen immensen gesellschaftlichen und politischen
       Verfolgungsdruck, der sich unmittelbar auf deren Vermögensverhältnisse
       auswirkten. Seit 1933 wurden zahlreiche antisemitische und andere
       diskriminierende Gesetze erlassen, die auf den direkten Vermögensentzug
       zielten oder Betroffene so drangsalierten, dass sie sich zur Emigration
       gezwungen sahen. Die Reichsfluchtsteuer und die Devisenbewirtschaftung,
       ein Produkt der Weltwirtschaftskrise, wurden durch eine drastische
       Verschärfung zum zentralen Instrument, um das Vermögen der Emigranten zu
       großen Teilen abzuschöpfen.
       
       Ab 1938 wurde die Enteignung jüdischer Bürger forciert. Sie mussten ihr
       Vermögen den Behörden melden, nach der Reichspogromnacht eine
       Judenvermögensabgabe entrichten: 25 % ihres Gesamtvermögens. Zudem konnte
       das Reichswirtschaftsministerium den Zwangsverkauf von Mobilien und
       Immobilien verfügen. Schmuck- und Kunstgegenstände durften nur noch über
       staatliche Ankaufsstellen veräußert werden, die die Preise drückten. Ab
       1941 fiel das Vermögen von deportierten und emigrierten Juden an das
       Deutsche Reich.
       
       Die systematische Enteignung der jüdischen Bevölkerung vollzog sich auch
       im annektierten Österreich. Während des Zweiten Weltkrieg fand in den
       besetzten Staaten ein regelrechter Raubzug statt
       
       
     * Wohin kamen die entzogenen oder geraubten Kulturgüter?
       
       
       WOHIN KAMEN DIE ENTZOGENEN ODER GERAUBTEN KULTURGÜTER?
       
       Die Kulturgüter, darunter viele Kunstwerke, kamen in den Kunsthandel,
       anschließend in Museen oder in die Sammlungen von Privatpersonen. Viele
       NS-Politiker waren begeisterte Sammler, insbesondere Adolf Hitler und
       Hermann Göring. Außerdem wurde in Linz ein gigantisches Kunstmuseum
       geplant. Zuständig war der Sonderauftrag Linz, eine Hitler direkt
       unterstellte informelle Organisation mit Sitz in Dresden.
       
       
     * Was geschah nach dem Zweiten Weltkrieg?
       
       
       WAS GESCHAH NACH DEM ZWEITEN WELTKRIEG?
       
       Die Alliierten beschlagnahmten die Kunstwerke aus dem Besitz der
       NS-Politiker sowie den Bestand des Sonderauftrags Linz und stellten diese
       in Central Collecting Points sicher und begannen mit der Restitution der
       Objekte. Dazu wurden Quellen untersucht und viele Kunsthändler verhört.
       
       
     * Was ist eine Restitution?
       
       
       WAS IST EINE RESTITUTION?
       
       Die Restitution dient der Wiederherstellung von Eigentumsverhältnissen an
       Kunstwerken.
       
       Unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die äußere
       Restitution in Angriff genommen. Allein in der amerikanischen
       Besatzungszone wurden bis 1948 rund 470.000 Kunstwerke und 1,7 Millionen
       Bücher an jene Staaten zurückgegeben, aus denen sie geraubt worden waren.
       
       Etwas zeitverzögert folgte die innere Restitution. Die Opfer der
       nationalsozialistischen Verfolgung und Unterdrückung innerhalb des
       Deutschen Reiches konnten ab 1947 Anträge auf Rückerstattung stellen.
       Zahlreiche Juden, die aufgrund der Verfolgung emigriert waren, stellten
       entsprechende Anträge und sahen sich nun mit zähen
       Wiedergutmachungsprozessen an deutschen Landgerichten konfrontiert.
       
       
     * Konnten die Eigentumsverhältnisse wieder hergestellt werden?
       
       
       KONNTEN DIE EIGENTUMSVERHÄLTNISSE WIEDER HERGESTELLT WERDEN?
       
       Die äußere und innere Restitution basierten auf Regelungen der
       Militärregierungen in der BRD. In der SBZ bzw. DDR gab es keine
       entsprechenden Vorkehrungen. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands
       wurde daher das Kapitel neuaufgeschlagen. 1998 fand die „Washingtoner
       Konferenz über Vermögenswerte aus der Zeit des Holocaust“ statt, die den
       Impuls für die systematische Forschung an deutschen Museen gab.
       
       
   * Die Methoden des Inspector Provenance
     
     
     DIE METHODEN DES INSPECTOR PROVENANCE
     
      * Zugang über das Objekt
      * Zugang über Archivalien
      * Zugang über Literatur
      * Zugang über Online-Ressourcen
      * Zugang über Personen- und Institutionenforschung
     
     
     * Zugang über das Objekt
       
       
       ZUGANG ÜBER DAS OBJEKT
       
       Ziel ist es, alle möglichen Informationen zu Künstlern, zu Titeln,
       Datierungen, Signaturen, Material und Größe zusammenzutragen. Zu diesem
       Zweck werden die Inventarbücher, die Objektkarten und die
       Erwerbungskorrespondenz konsultiert. Gibt es Abweichungen bei der
       Autorenschaft, bei Titel, Material oder Größe? Um die Werkidentität zu
       klären, muss auch der Frage nachgegangen werden, ob es sich bei dem
       Objekt um ein Einzelstück, eine Replik, ein Exemplar einer Auflage etc.
       handelt.
       
       Weitere Informationen ergeben sich aus der Sichtung und Auswertung von
       provenienzrelevanten Merkmalen an den Objekten selber. Bei Gemälden und
       Grafiken erfolgt dazu eine Rückseitenanalyse. Denn auf Keil- und
       Zierrahmen, auf Leinwand oder Papier können sich Nummern, Etiketten,
       Stempel, Siegel oder handschriftliche Vermerke befinden, die Aufschlüsse
       über Vorbesitzer, Ausstellungs- oder Auktionsorte, Transporte etc. geben
       können.
       
       
     * Zugang über Archivalien
       
       
       ZUGANG ÜBER ARCHIVALIEN
       
       Archivalien müssen akribisch durchforstet werden. So ist eine Recherche
       in Stadtarchiven, Landes- und Staatsarchiven, im Bundesarchiv, im
       Zentralarchiv der Staatlichen Museen Berlin und im Zentralarchiv des
       Deutschen Kunsthandels in der Regel unerlässlich.
       
       
     * Zugang über Literatur
       
       
       ZUGANG ÜBER LITERATUR
       
       Literaturrecherche ist unerlässlich. Es müssen Bestands-, Ausstellungs-
       und Auktionskataloge, Monografien und Aufsätzen durchgesehen werden. Sie
       geben weitere Informationen über das Gemälde.
       
       
     * Zugang über Online-Ressourcen
       
       
       ZUGANG ÜBER ONLINE-RESSOURCEN
       
       Wichtig sind auch Online-Ressourcen, so deutsche und internationale
       Provenienz- und Bilddatenbanken wie „ERR Einsatzstab Reichsleiter
       Rosenberg“, „Fold 3“, „Foto Marburg“, „Frits Lught“, „Galerie Heinemann“,
       „German Sales“, „Getty Research“, „Looted Art, „Lost Art“, „Proveana“,
       „RKD Nederlands Instituut voor Kunstgeschiedenis“ etc.
       
       
     * Zugang über Personen- und Institutionenforschung
       
       
       ZUGANG ÜBER PERSONEN- UND INSTITUTIONENFORSCHUNG
       
       Legen die Befunde einen unrechtmäßigen Entzug nahe, beispielsweise eine
       Beschlagnahme des Objekts durch eine NS-Behörde wie die
       Reichskulturkammer oder die Geheime Staatspolizei – so sind Informationen
       über die Opfer des Kulturgutraubes von zentraler Bedeutung.
       
       Hat der Geschädigte einen Wiedergutmachungsantrag gestellt? Wird in der
       Wiedergutmachungsakte ggf. das Objekt erwähnt und die Umstände des
       NS-verfolgungsbedingten Entzugs dargelegt? Die Klärung der möglichen
       Erbfolge, die Prüfung von Anspruchsberechtigung und Anspruch und das
       Finden einer gerechten und fairen Lösung ist allerdings nur durch
       juristische Unterstützung möglich. Schließlich muss die Rückgabe oder
       eine andere Lösung dokumentiert werden.
       
       
 * Provenienzforschung am MKK
   * Importe aus Frankreich?
     
     
     IMPORTE AUS FRANKREICH?
     
     01.01.1741
     
     Balthasar Denner (1685-1749)
     
     Bildnis einer alten Frau, 1741
     
     Öl auf Leinwand
     
     42 x 34,2 cm
     
     C 4851
     
      * Beschreibung
        
        
        BESCHREIBUNG
        
        Als Museumsdirektor in Zwickau und als Leiter des Kunstvereins in
        Hamburg war Dr. Hildebrand Gurlitt (1895-1956) wiederholt auf Ablehnung
        konservativer Kreise gestoßen. Denn er favorisierte moderne Kunst. Als
        er 1933 sein Amt niederlegen musste, wechselte er in den Kunsthandel.
        Dort zählte er - trotz seiner jüdischen Herkunft - bald zu den
        einflussreichsten Händlern des NS-Staats. Im Kontext der Aktion
        „Entartete Kunst“ (1937) war er autorisiert, beschlagnahmte Werke zu
        verkaufen. 1943 stieg er zum Haupteinkäufer für den „Sonderauftrag Linz“
        im besetzten Frankreich auf.
        
        
      * Herkunft
        
        
        HERKUNFT
        
        Das Museum erwarb 1943 drei Gemälde bei Gurlitt in Dresden, darunter
        „Balthasar Denner, Alte Frau“ und „Ferdinand Rayski, Gustav Baron von
        Normann“. In den Geschäftsbüchern Gurlitts ist bei diesen als
        Vorbesitzer der Kunsthändler Theo Hermsen, Paris, angeben. Doch
        vermutlich befanden sie sich längst in Gurlitts Besitz. War für
        Devisenbeschaffung ein Import aus Frankreich fingiert worden?
        
        
      * Wie sieht die Rückseite aus?
        
        
        WIE SIEHT DIE RÜCKSEITE AUS?
        
        Rahmenrückseite
        ©MKK, Jürgen Spiler
        Rückseite Keilrahmen
        ©MKK, Jürgen Spiler
         
        
     
     
   * Odyssee eines Bildes
     
     
     ODYSSEE EINES BILDES
     
     01.01.1810
     
     Johann Heinrich Wilhelm Tischbein (1751-1829)
     
     Odysseus und Penelope, 1810
     
     Öl auf Leinwand
     
     77 x 105,5 cm
     
     C 4728
     
      * Herkunft
        
        
        HERKUNFT
        
        „Auch habe ich das Bild, den Ulysses mit der Penelope, nun fertig
        gemacht (...) und so oft ich es sehe, denke ich immer, das wäre ein Bild
        für das junge Fürstenpaar, die sich so innig lieben und so edel
        beschäftigen, und sich selbst füreinander erhalten.“
        
        Künstlerbriefe – wie von Johann Heinrich Wilhelm Tischbein (1751-1829)
        aus dem Jahre 1810 – können Hinweise auf Vorbesitzer liefern: Peter I.
        Friedrich Ludwig, Herzog von Oldenburg schenkte das Gemälde „Odysseus
        und Penelope, 1810“ seinem Sohn Prinz Georg und dessen Gattin Katharina
        Pawlowna, Großfürstin von Russland, die in St. Petersburg lebten.
        
        Die Reise des Bildes führte von Eutin, Oldenburg und St. Petersburg
        weiter nach Stuttgart. Denn nach dem Tod Georgs heiratete Katharina 1816
        den späteren König Wilhelm I. von Württemberg. 1921 lieferte der
        Stuttgarter Hofkunsthändler Felix Fleischhauer es zur Auktion bei Hugo
        Helbing, München, ein. 1922 verkaufte die Münchner Galerie Heinemann es
        nach Hamburg. Neuer Besitzer war vermutlich der Hamburger
        Metallexporteur Jacob Hirsch (1883-1933), der 1932 nach Paris
        auswanderte und dort verstarb. 1942 bot die Berliner Galerie Nicolai das
        Gemälde dem Dortmunder Museum an.
        
        
      * Wie sieht die Rückseite aus?
        
        
        WIE SIEHT DIE RÜCKSEITE AUS?
        
        Rahmenrückseite
        ©MKK, Jürgen Spiler
        Rückseite Keilrahmen
        ©MKK, Jürgen Spiler
         
        
     
     
   * Eine Kutschfahrt nach Teplitz
     
     
     EINE KUTSCHFAHRT NACH TEPLITZ
     
     01.01.1811
     
     Caspar David Friedrich (1774-1840)
     
     Winterlandschaft, 1811
     
     Öl auf Leinwand
     
     33 x 45 cm
     
     C 4737
     
      * Was sehen wir?
        
        
        WAS SEHEN WIR?
        
        Das Gemälde zeigt eine leicht hügelige Schneelandschaft, in der sich
        eine Tannengruppe vor einer weißgrauen Nebelwand erheben. Davor befinden
        sich einige Felsbrocken. Ein Greis hat seine Krücken von sich geworfen
        und sich niedergelassen. Er erhebt Antlitz und Hände betend zu einem
        Kruzifix empor. Im Hintergrund dämmert ein gotischer Dom. Er steigt wie
        eine Vision aus dem dichten Nebel in die Abendröte des Himmels empor.
        
        Caspar David Friedrich hat die „Winterlandschaft“ 1811 gemalt. Das
        Gemälde besteht aus Öl auf Leinwand und hat die Maße 33 x 45 cm. 
        
        
      * Wie sieht die Rückseite aus?
        
        
        WIE SIEHT DIE RÜCKSEITE AUS?
        
        Nach 1945 hat das Gemälde einen neuen Keilrahmen erhalten. Von dem alten
        zeugt nur noch ein Stück Holz mit der Aufschrift "Friedrich Dresden den
        20. Juli 1811".
        
        
        Rückseite mit Karton
        ©MKK, Jürgen Spiler
        Rückseite
        ©MKK, Jürgen Spiler
        Rückseite Keilrahmen
        ©MKK, Jürgen Spiler
        
        Rückseite Keilrahmen (Ausschnitt)
        ©MKK, Jürgen Spiler
         
         
        
      * Gibt es zeitgenössische Kommentare?
        
        
        GIBT ES ZEITGENÖSSISCHE KOMMENTARE?
        
        1811 wurde erstmals über das Gemälde berichtet. Der Dresdener Maler
        Gustav Heinrich Naeke (1786-1835) sah 1811 zwei Gemälde bei Caspar David
        Friedrich. Er erwähnte die Gegenstücke in einem Brief an den Leipziger
        Rechtsanwalt und Kunstsammler Ludwig Puttrich.
        
        Auch Friederike Tugendreich Volkmann aus Leipzig sah die beiden Bilder
        und beschrieb sie am 22. Juni 1811 in ihrem Tagebuch.
        
        Weiterhin wurden sie 1812, 1813 und 1814 im Journal des Luxus und der
        Moden erwähnt.
        
        1817 fand die „Winterlandschaft“ sogar einen Eintrag im Brockhaus
        Conversations-Lexikon, das in Leipzig verlegt wird.
        
        
      * Wo befindet sich das Gegenstück?
        
        
        WO BEFINDET SICH DAS GEGENSTÜCK?
        
        Das Gemälde befindet sich in den Staatlichen Museum Schwerin. Das
        Finanzministerium hatte es 1941 an das Schweriner Museum überwiesen. Die
        Provenienz ist bislang ungeklärt
        
        
        
      * Welcher Sammler ist bekannt?
        
        
        WELCHER SAMMLER IST BEKANNT?
        
        Spätestens 1813 befand sich eine „Winterlandschaft“ in der Sammlung des
        Leipziger Rechtsanwaltes Ludwig Puttrich (1783-1856).
        
        Der Oberhofgerichts-Konsistorialadvokat war nicht nur an Malerei,
        sondern auch an Baukunst interessiert. Er publizierte 1835-1852 das Werk
        „Denkmale der Baukunst des Mittelalters in Sachsen“. Puttrich stand mit
        Caspar David Friedrich in Briefkontakt und tauschte sich mit
        Kunsthistorikern und -interessierten seiner Zeit aus.
        
        Puttrich Kunstsammlung wurde 1850 in Leipzig, 1856 in London und 1857 in
        München versteigert. Über den weiteren Weg des Gemäldes ist nichts
        bekannt. Es wird allerdings spekuliert, dass es nach Schlesien kam.
        
        
      * Befand sich das Gemälde in einem Schloss in Schlesien?
        
        
        BEFAND SICH DAS GEMÄLDE IN EINEM SCHLOSS IN SCHLESIEN?
        
        Museumsassistentin Leonie Reygers hatte das Gemälde für das Museum für
        Kunst und Kulturgeschichte angeblich in einem Schloss in Teplitz in
        Böhmen erworben. Deshalb wurde 1990 nach dem betreffenden Ort gesucht,
        allerdings vergebens.2018 kam die Idee auf, es könne sich in einem
        schlesischen Schloss im Hirschbergtal befunden haben.
        
        Schon im 18. Jahrhundert entwickelten sich diese Region zu einem
        Sehnsuchtsort für Künstler und naturbegeisterte Reisende. Auch Caspar
        David Friedrich und sein Malerkollege Georg Kersting waren 1810 hier,
        wie das Fremdenbuch der Schneekoppe belegen kann. Nachdem Schlesien 1815
        preußische Provinz wurde, erwarben die Hohenzollern Schlösser im
        Hirschbergtal. Der preußische Adel tat es ihnen gleich.
        
        Die Schlösser des Hirschbergtals waren mit wertvollen Gemälden
        repräsentativ ausgestattet. Befand sich die Winterlandschaft eventuell
        in Schloss Fischbach, der Sommerresidenz des Prinzen Wilhelm von Preußen
        und seiner Gattin Prinzessin Marianne? Der Bruder des Königs war ein
        leidenschaftlicher Kunstsammler. Nach seinem Tod erbten seine Kinder das
        Schloss. Seine Tochter Elisabeth, die mit dem Landgrafen von Hessen und
        bei Rhein verheiratet, wollte das Schloss in Andenken an ihre Eltern
        erhalten. Wie ein Museum konnte es gegen Entgelt besichtigt werden. Ein
        Augenzeuge berichtete: Im Roten Saal hing ein Gemälde mit einem
        Wallfahrer bei einem Kreuz. Sollte es sich dabei um die Winterlandschaft
        handeln? In den Inventaren wird allerdings kein Gemälde von Friedrich
        erwähnt.
        
        
      * Wann ist das Gemälde erworben worden?
        
        
        WANN IST DAS GEMÄLDE ERWORBEN WORDEN?
        
        Im Hochsommer 1941 berichteten zahlreiche deutschsprachige Zeitungen im
        In- und Ausland über die Aktivitäten in Dortmund: „Dortmund erhält eine
        Gemäldegalerie. (…) Der Grundstock ist bereits vorhanden.“
        
        Zwar verhinderte der Zweite Weltkrieg die Errichtung eines
        entsprechenden Gebäudes, aber der Gemäldebestand des Museums wurde um
        mehr als 20 Gemälde erweitert. Zu den bedeutendsten Neuerwerbungen zählt
        die „Winterlandschaft“ von Caspar David Friedrich im Jahre 1942. Das
        Gemälde wurde in der Dresdener Kunsthandlung Paul Rusch erworben. Es
        kostete 85.000 RM.
        
        
      * Was ist über den Kunsthändler bekannt?
        
        
        WAS IST ÜBER DEN KUNSTHÄNDLER BEKANNT?
        
        Die Kunsthandlung Rusch existierte 1920-1945 an wechselnden Standorten
        in Dresden. Bei den Luftangriffen im Februar 1945 wurde sie komplett
        zerstört. Es haben sich keine Geschäftsunterlagen erhalten.
        
        Paul Rusch (gest. 1953) handelte schon in den 1920er Jahren mit Werken
        von Caspar David Friedrich. Er hatte einen guten Draht zur Dresdener
        Gemäldegalerie und deren Leiter Dr. Hans Posse (1879-1942). Posse wurde
        1939 Sonderbeauftragter für den Aufbau eines gigantischen Kunstmuseums
        in Linz.  Der „Sonderauftrag Linz“ war eine informelle Organisation und
        Hitler direkt unterstellt.
        
        Der Dresdener Kunsthändler Paul Rusch handelte zwischen 1940-1942 mit
        der Dortmunder „Winterlandschaft“. Es ist davon auszugehen, dass das
        Bild zu diesem Zeitpunkt nicht sein Eigentum war, sondern er im Auftrag
        einer noch unbekannten Person nach einem Käufer suchte. Paul Rusch
        entdeckte das Gemälde in einer unbekannten Privatsammlung und bot es im
        Sommer 1940 zunächst dem „Sonderauftrag Linz“ an. Hans Posse lehnte
        einen Ankauf ab und notierte am 16. August 1940 in sein Tagebuch:
        
        „Rusch mit CD Friedrich, Winterlandschaft mit Kreuz, Dom im Nebel, Mann
        mit weggeworfenen Krücken; auf Rückseite eigenhändig Friedrich 1811; für
        uns nicht geeignet.“
        
        Rusch bot es am 16. März 1941 der Nationalgalerie in Berlin an. Die
        Ankaufskommission lehnte allerdings eine Erwerbung wegen des Preises von
        85.000 RM ab.
        
        
      * Gibt es Repliken?
        
        
        GIBT ES REPLIKEN?
        
        Anfang der 1980er Jahre wurde eine zweite „Winterlandschaft“, ein nahezu
        identisches Bild, bei Christies von der National Gallery London
        ersteigert. Zwischen den beiden Gemälden gibt es einige Abweichungen,
        was dafürspricht, dass keines eine Fälschung ist. Der auffälligste
        Unterschied besteht darin, dass auf dem Dortmunder Bild das Tor zur
        Kirche fehlt.
        
        Das Londoner Gemälde soll das Original sein und das Dortmunder Gemälde
        die Replik.
        
        
      * Fazit
        
        
        FAZIT
        
        Die Provenienz des Gemäldes konnte bislang nicht geklärt werden. Nachdem
        die zweite „Winterlandschaft“ bekannt wurde, ist die Provenienz
        „Sammlung Ludwig Puttrich“ des Dortmunder Bildes in Zweifel zu ziehen.
        Denn auch das Londoner Gemälde hätte sich dort befinden können.
        
        
     
     
   * Zur Ansicht von der Galerie Luz
     
     
     ZUR ANSICHT VON DER GALERIE LUZ
     
     01.01.1852
     
     Heinrich Louis Theodor Gurlitt (1812-1897)
     
     Monte Pellegrino, 1852
     
     Öl auf Leinwand
     
     29 x 43 cm
     
     C 4679
     
      * Beschreibung
        
        
        BESCHREIBUNG
        
        Louis Gurlitt (1812-1897) hatte an der Kopenhagener Kunstakademie
        studiert. Er malte naturnahe wie ideale Landschaftsbilder. Auf der Suche
        nach immer neuen Motiven reiste er durch die Länder Europas. Er besuchte
        Norwegen, Schweden, Dänemark, Schleswig-Holstein, Dalmatien, Ungarn,
        Griechenland, Spanien und Italien.
        
        Das Gemälde zeigt die in sanftes Abendlicht getauchte Bucht von Palermo
        und bietet einen Blick auf den Monte Pellegrino. Gurlitt hat das Motiv
        des Bildes wiederholt aufgegriffen. Eine Variante befindet sich in den
        Görlitzer Sammlungen.
        
        
      * Herkunft
        
        
        HERKUNFT
        
        Der Vorbesitzer des Gemäldes „Monte Pellegrino“ war der in Berlin
        ansässige österreichische Architekt Prof. Dr. h.c. Emil von
        Mecenseffy (1863-1945), der 1919 von seinem Vater eine Kunstsammlung
        geerbt hatte. Nachdem er das Bild zunächst vergeblich der
        Nationalgalerie in Berlin angeboten hatte, konnte das Gemälde über die
        Berliner Galerie Dr. W.A. Luz 1939 nach Dortmund verkaufen werden.
        
        Dr. Wilhelm August Luz (1892-1959) gehörte zu den wichtigsten
        Kunsthändlern Berlins. Sein Schwerpunkt lag auf der Malerei der
        Romantik. Adolf Hitler zählte zu seinen Kunden ebenso wie Dr. Hans
        Posse, der „Sonderbeauftragte“ für den Aufbau des Hitlermuseums in Linz.
        Luz verfügte über gute Beziehungen zur Nationalgalerie und belieferte
        darüber hinaus viele deutsche Museen mit Kunst des 19. Jahrhunderts.
        Anfangs bot er seine Bilder günstig an. Der Zweite Weltkrieg ließ auch
        seine Preise in die Höhe schnellen, was der Kauflust der Museen keinen
        Abbruch tat. Das Dortmunder Museum erwarb 1939-1948 bei ihm zehn Gemälde
        für 107.650 RM. Da die Geschäftsunterlagen der Galerie Dr. W. A. Luz
        verbrannt sind, ist in der Regel wenig über die Provenienz der Bilder zu
        erfahren, mit denen er gehandelt hat. Das Gemälde „Monte Pellegrino
        bildet diesbezüglich eine Ausnahme.
        
        
      * Wie sieht die Rückseite aus?
        
        
        WIE SIEHT DIE RÜCKSEITE AUS?
        
        Rahmenrückseite
        ©MKK, Jürgen Spiler
        Rückseite Keilrahmen
        ©MKK, Jürgen Spiler
         
        
     
     
   * Der „Reichsschatz“
     
     
     DER „REICHSSCHATZ“
     
     01.01.1862
     
     Anselm Feuerbach (1829-1880)
     
     Nanna, 1862
     
     Öl auf Leinwand
     
     99,3 x 73,7 cm
     
     Leihgabe der Bundesrepublik Deutschland,
     
     LG 2
     
      * Beschreibung
        
        
        BESCHREIBUNG
        
        Die Alliierten beschlagnahmten nach Ende des Zweiten Weltkriegs den
        Bestand für das geplante „Führermuseum“ in Linz sowie Kunstwerke aus dem
        Besitz hochrangiger NS-Politiker. Sie verhörten alle beteiligten und
        begannen mit der Restitution. Wenn sich kein NS-verfolgungsbedingter
        Entzug nachweisen ließ, wurden sie als Leihgaben für die Museen
        freigegeben. So kamen zahlreiche Gemälde, Grafiken, Möbel und
        Kunstgewerbe ins Museum für Kunst und Kulturgeschichte.
        
        
      * Herkunft
        
        
        HERKUNFT
        
        Nach dem Tod Anselm Feuerbachs gelangte das Gemälde „Nanna“ in den
        Besitz des Heidelberger Medizinalrats Dr. Franz Wolf. Über dessen
        Enkelin kam es 1935 in den Kunsthandel. Wohl im Auftrag Adolf Hitlers
        erwarb der Fotograf Heinrich Hoffmann das Gemälde in der Ludwigs-Galerie
        in München. Nachweislich hing es in Hitlers Wohnzimmer im Berghof auf
        dem Obersalzberg bei Berchtesgarden.
        
        
     
     
   * Verlust der Moderne
     
     
     VERLUST DER MODERNE
     
     01.01.1902
     
     Christian Rohlfs, Das Ruhrtal bei Herdecke, um 1902
     Öl auf Leinwand, 73,5 x 98,7
     MO, A 81/57
     
      * Beschreibung
        
        
        BESCHREIBUNG
        
        Ab 1933 geriet die klassische Moderne in den Fokus der
        Nationalsozialisten. Deren Hetze erreichte 1935 Dortmund. Im „Haus der
        Kunst“ wurde die Ausstellung „Entartete Kunst“ gezeigt mit Bildern von
        Paul Klee, Georg Grosz und Otto Dix. Die „Große antibolschewistische
        Schau“ in der Hochschule für Lehrerbildung verschärfte 1937 die
        Propaganda. Ihre Abteilung „Kulturbolschewismus“ nahm die Ästhetik der
        Münchner Ausstellung „Entartete Kunst“ (1937) vorweg. Im August 1937
        beschlagnahmte eine Kommission der Reichskulturkammer 11 Gemälde, 1
        Skulptur, 81 Grafiken und 25 Grafikmappen im Museum für Kunst und
        Kulturgeschichte.
        
        
      * Herkunft
        
        
        HERKUNFT
        
        Dazu gehörte auch das Gemälde „Das Ruhrtal bei Herdecke“, das im
        Original „Blaue Berge“ heißt. Der Düsseldorfer Galeristen Alfred
        Flechtheim (1878-1937) hatte es 1922 dem Dortmunder Museum geschenkt.
        Nach der Beschlagnahme entfernten die Nationalsozialisten die Signatur
        CR zwecks besserer Verkäuflichkeit des Bildes. 1954 wurde es im
        Stuttgarter Kunstkabinett Ketterer, Stuttgart zurückerworben.
        
        
     
     
 * Spiel
   * Puzzle
     
     
     PUZZLE
     
     
     * Source
       
       
       SOURCE
       
       puzzle-spiel-DE.zip (13,4 MB)