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DIGITALWIRTSCHAFT 19 PROZENT UMSATZPLUS: GRÖSSTE WERBEAGENTUR EUROPAS TROTZT DER
WERBEFLAUTE

Das Familienunternehmen Serviceplan wächst trotz Inflation und
Konjunkturschwäche. Inhaber Florian Haller sieht vor allem durch Künstliche
Intelligenz Veränderungen kommen – für die ganze Branche.

Michael Scheppe
02.08.2023 - 04:08 Uhr Kommentieren
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Florian Haller

Der Inhaber der Agenturgruppe Serviceplan sieht große Veränderungen durch KI.



(Foto: Serviceplan Group)


Düsseldorf Im Dezember hat Florian Haller noch von einem „perfekten Sturm“
gesprochen. Der Inhaber der Agenturgruppe Serviceplan, die mit über 5500
Beschäftigten die größte inhabergeführte Kommunikationsgruppe Europas ist,
blickte angesichts schwacher Konjunktur und verhaltener Konsumlaune mit Sorge
auf das laufende Geschäftsjahr.

Das endet für Serviceplan Ende Juni. Und wie sich nun zeigt, ist bei dem
Unternehmen mit Kunden wie BMW, Lufthansa und Penny von diesem Sturm nicht viel
zu spüren. Die Münchener konnten ihren Umsatz um 19 Prozent auf 739 Millionen
Euro steigern. Das erfuhr das Handelsblatt vorab.

„Ich habe nicht erwartet, dass wir entgegen dem Branchentrend ein solch
signifikantes Wachstum erzielen“, sagt der 55-jährige Werbefachmann. Es sei ein
anspruchsvolles Jahr gewesen. Bei vielen Bestandskunden habe man deutliche
Budgetkürzungen gesehen, die durch neu gewonnene Kunden aber überkompensiert
worden seien.

Das Plus bei Serviceplan darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Lage für
die Werbeindustrie seit Jahren angespannt ist. Mit einem Volumen von nunmehr
48,1 Milliarden Euro ist der deutsche Werbemarkt noch immer nicht auf dem
Vor-Pandemie-Niveau angekommen. Die Branche leidet darunter, dass Unternehmen
angesichts der trüben Konjunktur oft zuerst an ihren Werbeausgaben sparen.




THEMEN DES ARTIKELS

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Künstliche Intelligenz

Telefónica Deutschland

Gastkommentar: Das Potenzial Künstlicher Intelligenz wird oft überschätzt – aber
es gibt eine Lösung
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könnte sich jetzt ändern
Hollywood: Bis zu 900.000 Dollar Jahresgehalt: Streamingdienste locken
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Viele Firmen preisen auch ein, dass Konsumenten wegen der hohen Inflation
weniger einkaufen – und schalten deshalb erst gar keine Reklame. Der
Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft bezeichnet 2023 gar als
„Risikojahr“. Die Werbeagenturen, die dem hiesigen Branchenverband GWA
angehören, wuchsen 2022 im Schnitt nur um 1,2 Prozent. Ihre Rendite lag bei 8,1
Prozent und damit so niedrig wie seit zehn Jahren nicht mehr.


BREITES ANGEBOT, INTERNATIONALISIERUNG UND DIGITALISIERUNG TREIBEN GESCHÄFT

Dass es bei Serviceplan besser läuft, liegt daran, dass das Familienunternehmen
seinen Kunden anders als viele Konkurrenten verschiedene Lösungen aus einer Hand
anbietet – etwa für klassische Werbung, Performance-Marketing, E-Commerce oder
Social Media. Haller bezeichnet seine Firma deshalb gern als „Haus der
Kommunikation“.

Viele Unternehmen bevorzugen solche Angebote, weil sie dazu tendieren, mit
weniger Agenturen zusammenzuarbeiten, um Abstimmungsaufwand und Kosten zu
minimieren. Manche Kunden verlangen maßgeschneiderte Agenturlösungen, die auf
ihre Bedürfnisse abgestimmt werden. Das bietet Serviceplan etwa für BMW oder O2
Telefónica an.



Solch kostenintensive Angebote können nur große Agenturen stemmen, was die
Konsolidierung der Branche weiter verschärfen dürfte. 2020 zählte das
Statistische Bundesamt 24.000 Werbeagenturen – 30 Prozent weniger als zehn Jahre
zuvor.

>> Lesen Sie auch: Serviceplan-Chef Florian Haller: „Digitalisierung darf nicht
überhandnehmen“

Serviceplan profitiert davon, sich internationaler aufzustellen. So hat die
Firma ihr Geschäft in den USA verstärkt, beschäftigt dort 250 Mitarbeiter.
Unternehmen wollen global mit einer Stimme sprechen und stimmen
Marketingmaßnahmen verstärkt international ab. „Wir gewinnen vermehrt
internationale Etats“, sagt Haller – zuletzt etwa von Siemens. Serviceplan
erzielt aber noch 80 Prozent seiner Umsätze im Heimatmarkt.

Wachstumstreiber war erneut das Digitalgeschäft. Die Serviceplan-Tochter
Plan-Net steigerte ihre Erlöse um 40 Prozent. „In Krisenzeiten sparen
Unternehmen zwar an klassischer Werbung“, sagt Haller. Große
Digitalisierungsprojekte seien aber nicht storniert worden.



Haller startete die Digitaltochter 1997, kurz nach seinem Einstieg bei
Serviceplan. Die Agentur wurde von seinem Vater Peter Haller, der heute im
Aufsichtsrat sitzt, 1970 mitgegründet. Seit 2002 ist Florian Haller Inhaber und
CEO der Serviceplan Group. Zuvor arbeitete er bei anderen Werbeagenturen sowie
dem Konsumgüterriesen Procter & Gamble.


FEHLENDE FACHKRÄFTE BREMSEN WACHSTUM

Während der Umsatz deutlich gewachsen ist, stieg der Gewinn nur leicht an, weil
Serviceplan mit steigenden Ausgaben kämpft. Genaue Zahlen verrät die Firma
nicht. Wegen des zunehmenden Digitalgeschäfts betreibt Serviceplan mehr Server.
Die steigenden Stromkosten führten im abgelaufenen Geschäftsjahr zu einer
Million Euro Mehrausgaben.

Weil das Unternehmen neue Mitarbeiter angestellt und die Gehälter erhöht hat,
sind auch die Personalausgaben gestiegen. „Unser größter Druckpunkt ist es,
genügend Talente für uns zu gewinnen“, sagt Haller. Der Fachkräftemangel ist für
die Branche noch vor der konjunkturellen Lage das stärkste Wachstumshemmnis. Für
80 Prozent der Agenturen bremst dieser die Geschäfte aus, zeigt eine
GWA-Befragung.



Neues Büro der Serviceplan-Gruppe in München

Die Agenturbranche leidet unter dem Fachkräftemangel.



(Foto: Serviceplan Group)

Agenturen kämpfen mit einem schlechten Image von langen Arbeitszeiten und
schlechter Bezahlung. Zudem haben viele Bewerber Agenturen nicht als Arbeitgeber
im Blick. Serviceplan versucht Beschäftigte auch mit seinem neuen Büro zu
überzeugen, das im vergangenen Sommer eröffnet wurde. Dafür hat die Firma 20
Millionen Euro investiert.


„HERSTELLER SOLLTEN KOMMUNIKATION ALS INVESTITIONEN VERSTEHEN“

Im neuen Geschäftsjahr rechnet Haller nur noch mit fünf Prozent Umsatzwachstum.
„Wir sind wegen des Umfelds vorsichtig mit Prognosen“, sagt er. Budgetkürzungen
stellt Haller übergeordnet vor allem in der Autoindustrie fest, auch der Handel
sei zurückhaltend. Buchungen von Banken und aus dem Tourismus würden zunehmen.
Sehr gut laufe das Geschäft mit Luxusanbietern.

>> Lesen Sie auch: Warum große Marken im Einzelhandel verschwinden



Dass gerade deutsche Unternehmen an Werbung sparen, hält Haller in der aktuellen
Lage für einen „gefährlichen Reflex“: „Markenhersteller sollten Kommunikation
als Investitionen und die Marke als Fundament ihres Tuns verstehen.“ Weil viele
Hersteller an Werbung sparen, verblassen sie in ihrer Wahrnehmung. Auch
international: So haben die 100 größten globalen Marken laut Marktforscher
Kantar im vergangenen Jahr 20 Prozent an Wert eingebüßt.

Sorge bereitet Haller weiter die Kaufzurückhaltung. Ihm fehlt hierzulande der
Aufbruch, um den Konsum wieder anzufachen. „Wir brauchen in Deutschland ein
politisches Signal, um den Menschen Zuversicht zu geben, damit sie gut in die
Zukunft blicken und wieder Geld ausgeben wollen.“ Im politischen Berlin sollte
man die Bedeutung des Standorts Deutschland stärker in den Vordergrund stellen,
fordert der Manager.


EINSATZ VON KI: WERBEFILM OHNE KAMERATEAM

Große Auswirkungen erwartet der Werbeexperte durch Künstliche Intelligenz (KI):
„KI hat das Potenzial, unser Geschäft völlig zu verändern, und wird künftig
einen größeren Anteil an unserer Arbeit einnehmen.“ Testweise habe man schon
einen Werbefilm produziert, ohne dafür ein Filmteam eingesetzt zu haben.



Noch ist unklar, wem die Rechte gehören, wenn KI auf Grundlage bestehender
Kampagnen neue entwirft. Doch künftig könne man die Effizienz steigern, weil man
weniger filmen und fotografieren müsse, glaubt Haller. Kurze Texte, die kaum
Kreativität erforderten, könnten automatisiert erstellt werden. Und KI dürfte
auch beim Programmieren helfen.

Die Werbeindustrie gehört laut Experten zu jenen Branchen, die sich durch KI
besonders stark wandeln könnten. Haller glaubt jedoch nicht, dass dadurch
Menschen ersetzt werden. „Wir gewinnen mehr Zeit dafür, über Dinge
nachzudenken.“ Zudem brauche man Beschäftigte als Kontrollinstanz.

Mehr: 70 Prozent der Dax-Konzerne sagen, dass KI ihr Geschäftsmodell verändert

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