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EXISTIERT IN ENGLAND EIN AUSGLEICHSANSPRUCH FÜR HANDELSVERTRETER?

By Bernhard SchmeilzlDezember 9, 2016Handel mit UK, Verträge verhandeln und
gestalten
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UND HAT DER ANSTEHENDE BREXIT HIERAUF EINFLUSS?

Nach § 89b Handelsgesetzbuch (HGB) kann einem Handelsvertreter (Commercial Agent
oder Sales Agent) im Fall der Beendigung seines Vertragsverhältnisses ein
Anspruch gegen seinen vertretenen Unternehmer (Principal) bis zu einer
Jahresprovision zustehen, allerdings hängt der Ausgleichsanspruch von etlichen
Voraussetzungen ab. Und wenn er besteht, wird er oft hoch besteuert. Dennoch ist
dieser Ausgleichsanspruch für Handelsvertreter ein wichtiges Thema. Oft kommt es
allerdings zu unliebsamen Überraschungen, wenn der Geschäftsherr (Prinzipal) des
Handelsvertreters ein britisches Unternehmen ist, das mit Unverständnis
reagiert, wenn der Handelsvertreter bei Vertragsbeendigung nach seinem
Ausgleichsanspruch frägt.



WIE IST DAS HANDELSVERTRETERRECHT IM VEREINIGTEN KÖNIGREICH?

Prinzipiell sollte es auch in England und Schottland Ausgleichsansprüche für
Handelsvertreter geben, da § 89b HGB die europäische Handelsvertreterrichtlinie
umsetzt (präzise: Richtlinie des Rates der EG vom 18. Dezember 1986 zur
Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten betreffend die
selbständigen Handelsvertreter; 86/653/EWG).

Für das Vereinigte Königreich (UK) wurde diese Handelsvertreterrichtlinie
umgesetzt durch die Commercial Agents (Council Directive) Regulations 1993, die
am 1.1.1994 in Kraft getreten sind. Inhaltlich sind die Regeln der englischen
Regulations für Handelsvertreter (Commercial Agents) ähnlich, aber keineswegs
völlig identisch mit den deutschen Bestimmungen. Was den Ausgleichsanspruch
gemäß § 89b HGB angeht, so ist ein solcher in England erheblich schwächer
ausgestaltet und heißt auch nicht so. Section 8 der Commercial Agents (Council
Directive) Regulations 1993 regelt dazu:

> 8. Subject to regulation 9 below, a commercial agent shall be entitled to
> commission on commercial transactions concluded after the agency contract has
> terminated if—
> 
> (a) the transaction is mainly attributable to his efforts during the period
> covered by the agency contract and if the transaction was entered into within
> a reasonable period after that contract terminated; or
> 
> (b) in accordance with the conditions mentioned in regulation 7 above, the
> order of the third party reached the principal or the commercial agent before
> the agency contract terminated.

Nach englischem Handelsvertreterrecht wird also auf konkrete Vertragsabschlüsse
des Prinzipals mit den Kunden nach Ende des Handelsvertretervertrags abgestellt
(„commercial transactions concluded after termination of the agency agreement“),
nicht – wie nach deutschem Handelsvertreterrecht – etwas abstrakter auf auf
„erhebliche Vorteile“ des Prinzipals. Zum direkten Vergleich der Text des § 89b
Handelsgesetzbuch:

> (1) Der Handelsvertreter kann von dem Unternehmer nach Beendigung des
> Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit:
> 1. der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der
> Handelsvertreter geworben hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses
> erhebliche Vorteile hat und 2. die Zahlung eines Ausgleichs unter
> Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus
> Geschäften mit diesen Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit
> entspricht. Der Werbung eines neuen Kunden steht es gleich, wenn der
> Handelsvertreter die Geschäftsverbindung mit einem Kunden so wesentlich
> erweitert hat, daß dies wirtschaftlich der Werbung eines neuen Kunden
> entspricht.
> (2) Der Ausgleich beträgt höchstens eine nach dem Durchschnitt der letzten
> fünf Jahre der Tätigkeit des Handelsvertreters berechnete Jahresprovision oder
> sonstige Jahresvergütung; bei kürzerer Dauer des Vertragsverhältnisses ist der
> Durchschnitt während der Dauer der Tätigkeit maßgebend.
> (3) Der Anspruch besteht nicht, wenn 1. der Handelsvertreter das
> Vertragsverhältnis gekündigt hat, es sei denn, daß ein Verhalten des
> Unternehmers hierzu begründeten Anlaß gegeben hat oder dem Handelsvertreter
> eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen seines Alters oder wegen Krankheit
> nicht zugemutet werden kann, oder 2. der Unternehmer das Vertragsverhältnis
> gekündigt hat und für die Kündigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften
> Verhaltens des Handelsvertreters vorlag oder 3. auf Grund einer Vereinbarung
> zwischen dem Unternehmer und dem Handelsvertreter ein Dritter anstelle des
> Handelsvertreters in das Vertragsverhältnis eintritt; die Vereinbarung kann
> nicht vor Beendigung des Vertragsverhältnisses getroffen werden.
> (4) Der Anspruch kann im voraus nicht ausgeschlossen werden. Er ist innerhalb
> eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend zu machen.

 

Das englische Recht enthält in den Commercial Agents (Council Directive)
Regulations 1993 auch keine Unabdingbarkeitsklausel, vgl. § 89b Abs. 4 HGB. Zwar
kann auch nach englischem Recht die Abbedingung im Voraus unwirksam sein, es
kommt aber auf die Umstände des Falles an.

Insgesamt hat der Commercial Agent nach englischem Recht somit eine tendenziell
schwächere Stellung. Das wird voraussichtlich auch nach Umsetzung des Brexit so
bleiben. Für (deutsche) Handelsvertreter, die entweder Kunden im Vertragsgebiet
UK werben sollen oder für Handelsvertreter, die für einen in UK ansässigen
Geschäftsherren (Prinzipal) tätig werden, macht es daher einen gewaltigen
Unterschied, ob im Handelsvertretervertrag deutsches oder englisches Recht
vereinbart wird.

Und man muss natürlich den Vertragstyp genau definieren: Für Vertriebsverträge
(Distribution Agreements) gilt das Handelsvertreterrecht (und damit der
Ausgleichsanspruch bei Vertragsbeendigung) von vornherein nicht. Das zentrale
Unterscheidungskriterium zwischen Vertriebsvertrag und Handelsvertretervertrag
(sowohl nach deutschem Recht als auch nach englischem Vertragsrecht) ist, mit
wem der Kunde (Abnehmer) den Vertrag schließt. Der Vertriebspartner
(Distributor) verkauft in der Regel selbst, der Handelsvertreter (Commercial
Agent) vermittelt dem Geschäftsherrn lediglich die Möglichkeit des
Vertragsabschlusses.

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