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Mehrfachreaktorsystem für die Entwicklung von Kristallisationsverfahren und
Formulierungen
27.03.2023 - Universität Bayreuth


ERSTE VERGLEICHENDE UNTERSUCHUNG ZU AUTOMATISIERTEN ANALYSEVERFAHREN GROSSER
DATENSÄTZE IN DER MIKROPLASTIK-FORSCHUNG

Computer-generated image

Symbolbild

Hineinzoomen

‹ ›

Das Fehlen von einheitlichen analytischen Standards verhindert derzeit die
Vergleichbarkeit von Daten zu Mikroplastik in der Umwelt. Forscher*innen der
Universität Bayreuth und des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für
Polar- und Meeresforschung (AWI) haben nun erstmals zwei automatisierte
Analyseverfahren für Mikroplastikdaten hinsichtlich der Ergebnisse verglichen.
Signifikante Abweichungen zeigten sich vor allem bei kleinen Partikeln mit
vergleichsweise hohem Gefährdungspotenzial. Die in der Zeitschrift „Analytical
and Bioanalytical Chemistry“ erschienene Studie zeigt, dass die Standardisierung
von analytischen Verfahren ein zentrales Forschungsziel sein muss.

Partikel aus Kunststoff werden als Mikroplastik bezeichnet, wenn sie kleiner als
fünf Millimeter sind. In den Anfängen der Forschung wurde Mikroplastik allein
anhand rein visueller Kriterien identifiziert. Die Entscheidung darüber, ob es
sich bei einem verdächtigen Partikel um Mikroplastik handelte, basierte daher
auf der individuellen Wahrnehmung der Forschenden. Dies kann jedoch zu stark
fehlerbehafteten Ergebnissen führen. Mittlerweile ist klar, dass gerade bei
kleinen Mikroplastikpartikeln nur eine Identifizierung mittels chemischer
Analysen belastbare Daten zu Mikroplastik liefert. Die
Mikro-Fourier-Transformations-Infrarot-Spektroskopie – kurz:
Mikro-FTIR-Spektroskopie – ist auf diesem Gebiet derzeit eines der
verlässlichsten Messverfahren. Zur Untersuchung von Mikroplastikpartikeln die
kleiner als 0,5 Millimeter sind, müssen die Proben auf Filtern aufgebracht
werden und können dann mittels Mikro-FTIR-Spektroskopie analysiert werden.
Hierbei wird der komplette Probenfilter mit einer hohen Auflösung gemessen. So
entsteht eine „chemische Landkarte“ des Filters, die es ermöglicht, Mikroplastik
bis zu einer Größe von zehn Mikrometern eindeutig zu identifizieren. Bei der
Messung entstehen allerdings bis zu mehreren Millionen FTIR-Spektren, so das
eine manuelle Auswertung auf Mikroplastik unmöglich ist. Für eine solche Analyse
sind verlässliche automatisierte Computerverfahren erforderlich.

Zur automatischen Analyse von FTIR-Datensätzen werden heute in der
Mikroplastikforschung verschiedene Auswertealgorithmen eingesetzt. Zwei gut
etablierte und häufig angewendete Algorithmen zur Identifizierung von
Mikroplastik-FTIR-Spektren sind vom AWI und von der Universität Bayreuth
unabhängig voneinander entwickelt worden: das siMPle-Analyse-Tool (systematic
identification of MicroPlastics in the environment) und der BPF (Bayreuth
Particle Finder). Beide Algorithmen haben den Vorteil, dass die großen Messdaten
in ihrer Gesamtheit untersucht werden können. Dadurch lassen sich Verzerrungen
vermeiden, die entstehen, wenn nur Teile einer Probe ausgewählt und die
Analyseergebnisse auf die Gesamtheit der Probe hochgerechnet werden.

Im Rahmen ihrer vergleichenden Studie haben die Forscher*innen an der
Universität Bayreuth und am Standort Helgoland des AWI zwei Probensätze mit
beiden Auswertealgorithmen untersucht. Gemessen wurden Menge und Größe der
Mikroplastik-Partikel sowie die Anteile verschiedener Polymere. Der eine
Probensatz enthielt zehn Wasserproben aus der Ober- und Mittelweser, der andere
Probensatz zehn Wasserproben, die aus der Unter-/Außenweser und dem Jadebusen
stammten. „Wir haben uns bewusst dafür entschieden, unseren Vergleich der beiden
Analyse-Tools mit Probensätzen aus der Umwelt durchzuführen, denn hier sind alle
umweltrelevanten Typen, Formen und Größen von Polymeren anzutreffen. Zudem
kommen die sehr kleinen Mikroplastik-Partikel in der Umwelt besonders häufig
vor, und je kleiner die Partikel sind, desto höher ist ihr Gefährdungspotenzial.
Umso wichtiger ist es, neueste Verfahren wie die Mikro-FTIR-Spektroskopie und
die automatisierte Auswertung der FTIR-Datensätze zu evaluieren, die für
Untersuchungen dieser Partikel geeignet sind“, sagt Prof. Dr. Christian
Laforsch, Sprecher des SFB „Mikroplastik“ an der Universität Bayreuth und
korrespondierender Co-Autor der Studie.

Für die neue Studie haben die Forscher*innen in Bayreuth und auf Helgoland die
parallel mit den beiden Analyse-Tools erzielten Ergebnisse verglichen. Insgesamt
gesehen stimmen die Ergebnisse größtenteils überein. Doch es gibt auch
Abweichungen: Vor allem im Bereich von Partikeln, die kleiner als 50 Mikrometer
sind, gibt es unterschiedliche Resultate, da hier die Algorithmen infolge einer
schlechteren FTIR-Spektrenqualität auch Fehlentscheidungen treffen können.
„Unsere Studie zeigt, dass weitere vergleichende Forschungsarbeiten notwendig
sind, damit Mikroplastik-Partikel aller Größen mittels automatisierter Verfahren
fehlerfrei identifiziert werden können. Bisher erzielte Ergebnisse zur
Kontamination der Umwelt durch Mikroplastik sind gerade im Hinblick auf kleinere
Größenklassen durchaus mit einer gewissen Skepsis zu betrachten. Darüber hinaus
belegt unsere Studie, dass wir gute und belastbare Daten erhalten, wenn wir die
mit den Analyse-Tools gewonnenen Daten abschließend einer kritischen Überprüfung
unterziehen“, sagt Co-Autor Dr. Martin Löder von der Universität Bayreuth. „Bei
allen derzeit angewandten Techniken und Verfahren bleibt jedoch letztlich
unklar, wie gut die dabei erzielten Ergebnisse die tatsächlichen
Mikroplastikbelastungen in der Umwelt widerspiegeln. Selbst wenn wir moderne,
technisch avancierte Untersuchungsverfahren einsetzen, ist die Frage, wie viele
und welche Mikroplastik-Partikel die Umwelt tatsächlich belasten, noch nicht
abschließend zu beantworten. Gerade bei den ganz kleinen Partikeln sind wir hier
noch ganz am Anfang, umso wichtiger sind weitere Forschungsanstrengungen,“
betont Prof. Dr. Christian Laforsch.

Originalveröffentlichung
 * Sonya R. Moses et al.: Comparison of two rapid automated analysis tools for
   large FTIR microplastic data sets. Analytical and Bioanalytical Chemistry
   (2023)




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